Datennutzung ist kein Selbstzweck, sondern Voraussetzung für mehr Transparenz, Effizienz und Innovation in unzähligen Bereichen. Ein Platz im Mittelfeld sollte deshalb nicht Deutschlands Anspruch sein. Die Zugänglichmachung von Daten erfordert einen grundlegenden Kulturwandel bei allen beteiligten Akteuren. Realität ist, dass deutsche Unternehmen aller Sektoren wertvolle Daten haben, sich aber oft schwertun, diese wirtschaftlich zu verwerten. Für einen breiten wirtschaftlichen Erfolg sollte nicht nur die Digitalwirtschaft mit Daten umzugehen wissen. 49 % der Unternehmen in Deutschland sehen den Data Act als Chance – dieses Potenzial müssen wir nutzen.
Um in der Datenökonomie ganz vorn mitzuspielen, müssen mit Daten KI-Modelle trainiert, Datenprodukte entwickelt und sektorübergreifende Innovationen ermöglicht werden. Damit das gelingt, benötigen die Unternehmen Rechtssicherheit, neue Anreize und Know-how. Auch Wissenschaft und Verwaltung sitzen auf Datenschätzen, die sie nicht teilen, obwohl diese mit öffentlichem Geld generiert wurden. Das verhindert die Realisierung wirtschaftlicher sowie gesellschaftlicher Potenziale und ignoriert den möglichen Vertrauensgewinn in öffentliche Institutionen durch mehr Transparenz. Für Verwaltung und Wissenschaft fehlt es aktuell an Rechtsgrundlagen, Finanzierung und Know-how, um die Potenziale unserer Daten voll auszuschöpfen.
Die Datenökonomie muss wachsen. Das geschätzte Gesamtvolumen des EU-Datenmarkts ist 2023 im Vergleich zu 2022 nur um 11,1 % gewachsen. Eine leistungsfähige Datenökonomie braucht Freiheit und Klarheit statt neuer Regeln. Die Wirkung der in den vergangenen Jahren entstandenen Regulierungsmaßnahmen auf EU-Ebene sollte daher zunächst beobachtet, analysiert und evaluiert werden. Die Bundesregierung muss vermeiden, durch vorschnelle nationale Datengesetze einen Flickenteppich zu schaffen. Stattdessen sollte die sektorübergreifende Nutzung von Daten, sowie der Datenaustausch zwischen Unternehmen, Wissenschaft und Verwaltung vorangebracht werden, z. B. durch Anreize für das Datenteilen, Mitarbeit in Standardisierungsbemühungen und die Förderung kooperativer Datennutzungsmodelle.
Jedes zweite Unternehmen wünscht sich mehr Hilfe bei der Umsetzung des Data Act, dafür benötigt es gut ausgestattete Aufsichtsbehörden. Anstatt neue Dateninitiativen zu erdenken, sollten bestehende Dateninitiativen der Bundesregierung zunächst professionalisiert und um Förderung von „Privacy-Enhancing Technologies“ ergänzt werden. Diese Technologien sind eine Chance für datenschutzfreundliche Datennutzung und können unter Umständen ebenfalls bei anderen Schutzbedarfen, insb. Geschäftsgeheimnissen und IP, eine Rolle spielen. So könnte der Zugriff auf Daten in einer geschützten Umgebung bei allen gesetzlichen Datenzugangsansprüchen grundsätzlich als Alternative zum Datentransfer ermöglicht werden.
Anstatt eine neue Datenstrategie zu schreiben, sollte die bestehende möglichst zeitnah weiterentwickelt werden. Dabei sollte insbesondere ein Stufenplan zur Erreichung vorab festgeschriebener Ziele und mit einem klaren Zeithorizont in die Strategie eingefügt und unter Berücksichtigung realistischer KPIs (z. B. Wachstum der Datenwirtschaft, Anzahl Data-Startups, Nutzerzahlen Datenrauminitiativen etc.) ein Monitoring-System aufgebaut werden. In diesem Sinne sollten bestehende Maßnahmen und Lösungen geprüft, konsolidiert und ausgeweitet werden, anstatt mit neuen Leuchttürmen weitere Akteure und Projekte zu schaffen.
Ein Transparenzgesetz ist längst überfällig. Die Verwaltung sollte auf dieser Grundlage ihre Daten grundsätzlich der Öffentlichkeit bereitstellen müssen. Zur Finanzierung einer leistungsfähigen Dateninfrastruktur, die an die besonderen Bedarfe der Verwaltung angepasst ist, sollte ein Fonds eingerichtet sowie die Verstetigung der Datenlabore in den Bundesministerien priorisiert werden. Damit kann die Zusammenarbeit im deutschen Zuständigkeitsdschungel erleichtert, Innovation ermöglicht und die rechtsstaatliche Kontrolle erhöht werden. Innerhalb der Ministerien sollten entsprechende Eckpunkte und Strategien eng mit den Datenlaboren abgestimmt werden.
Datenbasiertes Handeln muss die Regel werden. In Gesetzesvorschlägen, Verwaltungshandeln des Bundes oder Antworten auf IFG-Anfragen mangelt es durchgehend an einer verlässlichen Datenbasis. Das produziert schlechte Entscheidungen und Verzögerungen, die sich der Standort Deutschland nicht mehr leisten kann. Der Schlüssel sind offene Verwaltungsdaten und ausreichend Datenkompetenzen bei den zuständigen Akteuren. Bei der Ausschreibung von Stellen in der Verwaltung sollten Datenkompetenzen demnach systematisch berücksichtigt, sowie Datenkompetenzen der Bevölkerung erhoben werden.
Deutschland braucht einen Neustart. Wir müssen wieder ein Zukunftsland werden: mit einer klaren Vorstellung davon, wohin wir steuern; mit guten, innovativen Ideen; mit Lust aufs Neue. Damit das gelingt, müssen die Grundlagen stimmen: Wir brauchen Wachstum und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und wir müssen für Sicherheit und einen modernen Staat sorgen. Dort ist in den letzten Jahren zu viel liegengeblieben, es gibt also viel zu tun. Wir haben dafür konkrete Ideen: