Die Bitkom-Branche konnte in den letzten Jahren der konjunkturellen Entwicklung trotzen und ist ein Job-Motor. Gesamtwirtschaftlich hat die Standortattraktivität aber gelitten. Seit 2018 ist kein anderes Industrieland so wenig gewachsen wie Deutschland. Externe Krisen sind nur ein Teil der Erklärung – der Großteil der Probleme ist hausgemacht und deshalb lösbar.
Die zentralen Herausforderungen sind der Fachkräftemangel, die Kombination aus bürokratischer Belastung und mangelnder Verwaltungsdigitalisierung sowie ein spürbarer Investitionsstau. Transformation braucht Investitionen, geschätzt 0,7 bis 1,4 Billionen Euro bis 2030. Unternehmen, die in Wachstum und Innovation investieren wollen, müssen dabei stärker unterstützt werden. Neben besseren steuerlichen Rahmenbedingungen braucht es dafür vor allem auch eine Trendwende in der Innovationspolitik.
Von den 49 Maßnahmen für mehr wirtschaftliche Dynamik, mehr Investitionskapital, mehr Arbeitsanreize und weniger Bürokratie aus dem Juli 2023 sind wir weiterhin überzeugt. Alle hieraus stammenden Gesetze, die es nicht vor der Wahl durch das Parlament schaffen, soll die neue Regierung direkt aufgreifen und mit nur wenigen Anpassungen sofort beschließen.
Zwei Drittel der deutschen Unternehmen sehen sich bei der Digitalisierung als Nachzügler. Bessere Abschreibungskonditionen für digitale Wirtschaftsgüter setzen Liquidität frei und schaffen einen Anreiz für private Investitionen in die Digitalisierung der Wirtschaft. Das Pro-Kopf-BIP in Deutschland könnte 10 % höher sein, wenn wir den Anteil der IKT-Investitionen am BIP der USA erreichen (IW Köln). Wir schlagen deshalb 175 % Abschreibungsquote auf Investitionen in digitale Güter und Sachwerte vor. Andere Länder haben Superabschreibungen erfolgreich umgesetzt. Auch breiter angelegte Investitionsprämien oder eine Verbesserung der allgemeinen Abschreibungsbedingungen sind hilfreich.
Die Expertenkommission „Vereinfachte Unternehmenssteuer“ (BMF) hat gute Empfehlungen erarbeitet, die eine neue Bundesregierung umsetzen sollte. Deutschland hat im internationalen Vergleich nicht nur hohe, sondern auch komplexe Steuern. So entstehen hohe Erfüllungskosten. Die Lösung ist eine Anpassung der Steuerlast an das europäische Durchschnittsniveau.
Unternehmen setzen verstärkt auf die Optimierung ihrer Prozesse und Digitalisierung, um die Bürokratie-Lasten spürbar zu senken. Damit diese Anstrengungen erfolgreich greifen können, ist der Staat gefordert, den Datenaustausch mit Behörden insgesamt weiter zu digitalisieren und unnötige Nachweis- und Dokumentationspflichten abzubauen. Dies lässt sich beispielsweise in der steuerlichen Betriebsprüfung umsetzen: Durch standardisierte Schnittstellen und eine engere Kooperation mit der betrieblichen Praxis kann eine effizientere, digitale Datenübertragung ermöglicht werden.
Mit Ausnahme einzelner Akzente hat sich die deutsche Innovationspolitik über die letzten Legislaturperioden kaum weiterentwickelt. Das Land gilt nach wie vor als transferschwach, ist im europäischen Vergleich nur Mittelmaß und der Forschungsförderung fehlt es trotz Kürzungen an Schwerpunkten und Kohärenz. Die neue Bundesregierung muss hier Abhilfe schaffen. Dafür braucht es erstens eine Förderpolitik, die gezielt einzelne Technologien fördert. Zweitens muss der Transfer gestärkt werden. Neben einem Fokus auf Startups braucht es eine stärkere Prägung der Forschungsagenden und Förderlinien durch Anwender. Möglich wäre das z. B. durch die Schaffung von Innovationspartnerschaften nach europäischem Vorbild. Drittens braucht es eine entschiedene Entbürokratisierung der Forschungsförderung, z. B. nach Vorbild des Pakts für Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung.
Deutschland braucht einen Neustart. Wir müssen wieder ein Zukunftsland werden: mit einer klaren Vorstellung davon, wohin wir steuern; mit guten, innovativen Ideen; mit Lust aufs Neue. Damit das gelingt, müssen die Grundlagen stimmen: Wir brauchen Wachstum und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und wir müssen für Sicherheit und einen modernen Staat sorgen. Dort ist in den letzten Jahren zu viel liegengeblieben, es gibt also viel zu tun. Wir haben dafür konkrete Ideen: