Die Banken-, Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche ist eine der zentralen Säulen unserer Volkswirtschaft und befindet sich inmitten tiefgreifender Veränderungen. Dieser Wandel ist getrieben durch den exponentiell wachsenden Einfluss technologischer Innovationen, wie Künstliche Intelligenz, und die geplante Einführung des digitalen Euros in der nächsten Legislaturperiode. Finanz- und Versicherungsinstitute stehen in einem Spannungsfeld: Institute müssen immer schneller digitale Entwicklungen in bestehende Dienstleistungen integrieren und neue Angebote entwickeln, um wettbewerbsfähig zu bleiben, während gleichzeitig die Anforderungen an IT-Sicherheit und Verbraucherschutz aufgrund wachsender Komplexität steigen. Trotz der fortschreitenden Digitalisierung fällt Deutschland im innereuropäischen Vergleich als Gründungs- und Innovationsstandort für Finanztechnologie zurück. So würden nur 19 % der Teilnehmenden der Bitkom-FinTech-Studie bei einer erneuten Gründung wieder in Deutschland gründen.
Ziel muss es demnach sein, den Finanzstandort Deutschland durch gezielte Maßnahmen innereuropäisch wettbewerbsfähiger zu machen und als Innovationsraum für Finanz- und Versicherungsinstitute zu positionieren. Dazu gehören die Förderung und Vernetzung eines starken nationalen Finanz- und Versicherungsökosystems in der neuen Legislaturperiode.
Um digitales Bezahlen im Handel, bei Gewerbetreibenden und Behörden flächendeckend zu ermöglichen, sind gezielte politische Maßnahmen erforderlich. Ein Vorbild ist Belgien, wo seit 2022 vorgeschrieben ist, dass Unternehmen elektronische Zahlungen von Endverbrauchern akzeptieren müssen. Gastronomiebetriebe mit Umsätzen über 25.000 € müssen außerdem Registrierkassen nutzen. Diese Maßnahmen fördern nicht nur die Verbreitung digitaler Zahlungsmethoden als Alternative zu Bargeld, sondern helfen auch, illegale Finanzaktivitäten zu verringern. In Deutschland fehlt es bislang an entsprechenden politischen Regelungen und fällt damit im innereuropäischen Vergleich auf. Unternehmen sollten daher incentiviert werden, digitale Zahlungsmöglichkeiten anzubieten. Zudem sollten elektronische Registrierkassen eingeführt werden. Diese Maßnahmen dienen der Steigerung von wirtschaftlicher Aktivität, Kundenbindung und Steuergerechtigkeit und dienen der Vorbereitung auf den potenziellen digitalen Euro.
Um das Wachstum von Finanz- und Versicherungsdienstleistern jeder Größe und Alters in Deutschland zu stärken, müssen Aufsichts- und Regulierungsprozesse entschlackt werden. Die BaFin, die Deutsche Bundesbank und das BMF sollten verstärkt in ergebnisorientierten Fachgremien mit Vertretern aus Privatwirtschaft und Politik kooperieren und diese Zusammenarbeit strukturell verankern. Solche Fachgremien sind notwendig, um praxisferne und ressourcenintensive Bürokratieanforderungen frühzeitig zu erkennen und anzugehen. Ziel ist es, bestehende Überregulierungen abzubauen und unnötige Hürden zu beseitigen. Nur so kann die Abwanderung von Unternehmen und Gründern aus Deutschland gestoppt und der Finanz- und Versicherungssektor nachhaltig gefördert werden
Die steuerlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen für Privatanlegerinnen und private Altersvorsorger müssen verbessert werden, um langfristige finanzielle Sicherheit zu gewährleisten. Über das Rentenpaket II hinaus ist es entscheidend, eine rechtliche Benachteiligung von Privatanlegern gegenüber Institutionellen durch die Kapitalmarktunion zu verhindern. Zudem sollte nicht genutztes Kapital (sog. „totes“ Kapital) in Sichteinlagen gezielt für die wirtschaftliche Transformation genutzt werden. Privatanleger benötigen dazu einfachere Verbraucherrichtlinien sowie die Umsatzsteuerbefreiung für Portfolioverwaltungen. Darüber hinaus muss das Angebot an Altersvorsorgeprodukten erweitert werden, da die bestehenden Produkte die Unzulänglichkeiten der staatlichen Vorsorge nicht ausgleichen kann. Neue Produkte sollten Frei- und Förderbeträge über die bisherigen Riester- und Sparer-Pauschbeträge hinaus bieten und auch Minderjährigen zugänglich gemacht werden.
Die nationalen Umsetzungsgesetze führen in der EU häufig zu Regulierungsfragmentierung, wobei besonders Deutschland zur Übererfüllung („Gold Plating“) neigt. Dies ist besonders für Unternehmen, die in mehreren EU-Ländern tätig sind, herausfordernd, da unterschiedliche Anforderungen zu verschiedenen Zeitpunkten greifen. Darüber hinaus sollte Deutschland das Gold Plating bei der Umsetzung von EU-Richtlinien und Verordnungen, wie der Geldwäscherichtlinie, Verbraucherkreditrichtlinie und EU-KI-Verordnung, vermeiden und bestehende Übererfüllungen rückgängig machen. Deutschland sollte auch dem Beispiel anderer EU-Staaten folgen und ebenfalls ein Verbot von Zusatzentgelten (Surcharges) für Zahlungsmittel einführen. Diese Maßnahmen schaffen einheitliche Wettbewerbs- und Regulierungsbedingungen im EU-Binnenmarkt und stärken die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.
Deutschland braucht einen Neustart. Wir müssen wieder ein Zukunftsland werden: mit einer klaren Vorstellung davon, wohin wir steuern; mit guten, innovativen Ideen; mit Lust aufs Neue. Damit das gelingt, müssen die Grundlagen stimmen: Wir brauchen Wachstum und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und wir müssen für Sicherheit und einen modernen Staat sorgen. Dort ist in den letzten Jahren zu viel liegengeblieben, es gibt also viel zu tun. Wir haben dafür konkrete Ideen: