Digitale Identitäten sind essenziell für das Funktionieren einer modernen Gesellschaft und Wirtschaft. Sie optimieren Geschäfts- und Verwaltungsprozesse und erhöhen die Sicherheit im digitalen Raum. Die Novellierung der eIDAS-Verordnung bietet eine Chance, die es zu nutzen gilt. Die Bundesregierung plant, bis Herbst 2025 ein Konzept zur Umsetzung von eIDAS vorzulegen. Diese Umsetzung wird die nächste Legislaturperiode bestimmen. Deutschland muss innerhalb weniger Jahre, spätestens bis zur Einführung der EUDI-Wallet, die Grundlagen schaffen, um Digitale Identitäten in unseren Alltag zu integrieren. Dazu gehört unter anderem, mit Vertrauensdiensten den Dokumentenverkehr zu digitalisieren, digitale Nachweise zur Verfügung zu stellen und die Bekanntheit der eID zu erhöhen. Die nächste Bundesregierung muss zwingend das deutsche System europäisch harmonisiert entwickeln, eine nationale Infrastruktur für Digitale Identitäten aufbauen, Bundes- und Landesgesetze anpassen und so ein umfassendes Ökosystem schaffen. Dazu ist die Erhöhung der Nutzungszahlen des elektronischen Personalausweises zwingend notwendig. Niedrige Kosten für einen (hoheitlichen) Identitätsnachweis würden das ID-Ökosystem beschleunigen und so zu einem häufigeren Einsatz bei Unternehmen und Bürgern führen.
Für die digitalen Nachweistypen für Personen, Produkte, Maschinen- und Firmenidentitäten muss sektorübergreifend ein offenes und erweiterbares Ökosystem geschaffen werden. Dieses muss für die Industrie gleichermaßen nutzbar sein, um auch sektorübergreifende Dienste darauf aufbauen zu können. Hierzu müssen gemeinsame, umsetzbare und transparente Standards gesetzt und Interoperabilität sichergestellt werden. Der Staat sollte außerdem die Voraussetzungen für die Teilnahme am Ökosystem Digitale Identitäten definieren bzw. die regulatorischen und technischen Rahmen setzen sowie ein Zertifizierungs- und Lizenzierungssystem schaffen. Dieses muss im europäischen Rahmen gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer ermöglichen. Incentivierungen können eine gewichtige Rolle für potenzielle Herausgeber von digitalen Nachweisen spielen.
Für eine koordinierte Umsetzung wird eine klare Verantwortung in einem Ministerium benötigt. Dieses Ministerium muss ausreichende personelle und finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, die der Bedeutung des Themas gerecht werden und auf einer langfristigen Kostenanalyse und Strategie basiert. Die nächste Bundesregierung sollte die Zuständigkeit für alle digitalen Identitäten, für natürliche & juristische Personen sowie Maschinen und Produkte in einem Digitalministerium zusammenführen.
Die Identifizierungs- und Authentisierungsmittellandschaft (Video, Auto, Bank, Vor-Ort-Ident, etc.) mit jeweils unterschiedlichen, regulatorischen Anforderungen und Vertrauensniveaus (GwG, TKG, OZG, JMStV, GlüStV, Gematik etc.) verhindert eine übergreifende Nutzbarkeit einzelner Mittel. Die EU hat mit der eIDAS-Verordnung einen sektor- und EU-weit geltenden Rahmen für elektronische Identifizierungs- und Authentisierungsmittel sowie Vertrauensdienste geschaffen, um einen harmonisierten Binnenmarkt zu ermöglichen; dies sollte in Deutschland umgesetzt und die Regulatorik sektorübergreifend harmonisiert werden. Die nächste Bundesregierung sollte daher die beschriebene zersplitterte Landschaft für Identifizierung und Authentisierung bündeln, und in Gesetzen je nach benötigtem Schutzfaktor auf ein Vertrauensniveau verweisen, nach dem eIDAS-Mittel als Identifizierungs- oder Authentisierungsmittel eingesetzt werden können.
Die Entwicklung digitaler Identitäten in Deutschland fokussiert sich bisher ausschließlich auf natürliche Personen. Für die Identitäten juristischer Personen gibt es keine konkrete politische Zuständigkeit – sie ist jedoch ein zentraler Bestandteil der eIDAS-VO und verspricht große Mehrwerte für Unternehmen in der Digitalisierung interner und externer Prozesse. Eine Organisationsidentität ist auch für die Kommunikation zwischen Bürgern und Unternehmen sowie die wirtschaftliche Interoperabilität unerlässlich. Sie sollten zügig national umgesetzt werden.
Staatlich ausgestellte Nachweise und Dokumente müssen verifizierbar, sicher und ressourcenarm digitalisiert werden können. Hierfür bietet eIDAS eine Toolbox in Form der Vertrauensdienste, die in Deutschland besonders bei der Erstellung solcher Nachweise von Nutzen sein kann. Für die Verwaltung sollte daher eine Ausstellungspflicht für digitale Nachweise als (qualifizierte) elektronische Attestierung von Attributen (QEAA) eingeführt werden. Hierfür wäre eine über das OZG 2.0 hinaus gesetzlich verankerte Nutzung von Vertrauensdiensten, insb. elektronischer Siegel, nötig. Staatliche Urkunden und Bescheinigungen, z. B. Geburtsurkunden, sollten, inklusive eines digitalen Zwillings, proaktiv als digitale Nachweise zur Verfügung gestellt werden, spätestens ab 2027 auch EUDI-Wallet-konform.
Deutschland braucht einen Neustart. Wir müssen wieder ein Zukunftsland werden: mit einer klaren Vorstellung davon, wohin wir steuern; mit guten, innovativen Ideen; mit Lust aufs Neue. Damit das gelingt, müssen die Grundlagen stimmen: Wir brauchen Wachstum und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und wir müssen für Sicherheit und einen modernen Staat sorgen. Dort ist in den letzten Jahren zu viel liegengeblieben, es gibt also viel zu tun. Wir haben dafür konkrete Ideen: