Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist die Bedeutung einer starken und innovativen Verteidigungsindustrie stärker in den Fokus gerückt. Während etablierte Unternehmen häufig im Mittelpunkt der öffentlichen und politischen Aufmerksamkeit stehen, haben insbesondere DefTech-Startups Schwierigkeiten, in der Branche Fuß zu fassen. Diese Herausforderungen resultieren nicht nur aus der Konzentration auf etablierte Akteure, sondern auch aus der Kapitalintensität der Branche sowie den langwierigen Vergabe- und Beschaffungsprozessen. Dabei ermöglichen es gerade jene innovationsgetriebenen Geschäftsmodelle, fortschrittliche Lösungen für die Bundeswehr schnell und flexibel bereitzustellen.
Eine langfristige Lösung dieser Probleme erfordert strategische Ansätze für Startups im Verteidigungssektor. Diese sollten innovative Ansätze für eine schnellere und transparentere Auftragsvergabe berücksichtigen und die Einbindung von Startups fördern. Zudem sollten Dual-Use-Innovationen stärker in den Fokus gerückt werden, um den Transfer zwischen Zivilen- und Verteidigungsbereich, wie er beispielsweise in Israel erfolgreich praktiziert wird, zu stärken.
Strategische Partnerschaften müssen die Innovationskraft und Flexibilität von Startups mit den sicherheitspolitischen und operativen Anforderungen der Bundeswehr verbinden. Im Jahr 2030 sollen daher mindestens 30 Leuchtturm-Kooperationen zwischen der Bundeswehr und Startups im Verteidigungs- und Dual-Use-Bereich bestehen. Diese sollen es Startups ermöglichen, ihre Technologien in einem militärischen Umfeld zu testen und weiterzuentwickeln, ohne zuvor durch komplizierte Vergabeprozesse ausgebremst zu werden. Wir begrüßen die wichtige Arbeit des Cyber Innovation Hub der Bundeswehr (CIHBw) und unterstützen eine weitere Bündelung der technologischen Innovationsprojekte unter dem Dach des CIHBw. Der CIHBw muss in Zukunft mit einem substanziellen Budget ausgestattet werden, das als Finanzkorridor beim Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) hinterlegt ist und die Befugnis erhalten, weitgehend eigenständig Innovationen in die Truppe zu tragen.
Es braucht eine deutliche Verschlankung des Beschaffungsprozesses, um Startups einen niederschwelligen Zugang zum Verteidigungssektor zu ermöglichen. Hierzu sollten SaaS-Rahmenverträge konzipiert werden, die es Startups erleichtern, ihre Lösungen schnell und unkompliziert anzubieten. Dies reduziert bürokratische Hürden und beschleunigt den Einsatz innovativer Technologien in der Bundeswehr. Bei gleichzeitiger Einhaltung der sicherheitsrelevanten Vorsicht müssen Regulierungen wie das Sicherheitsüberprüfungsgesetz an die Schnelllebigkeit und Agilität von Startups angepasst werden. Durch ein gezieltes Netzwerk-Format sollte zudem eine Plattform geschaffen werden, um Startups, Verteidigungsministerium und Investoren zusammenzubringen und Austausch sowie Verständnis füreinander zu fördern.
Ein Blick ins Ausland zeigt, dass Deutschland von Best Practices wie dem französischen Innovationsfonds DefInvest oder dem niederländischen SecFund lernen kann. Mit einem Budget in Höhe von mehreren Millionen Euro wird dort gezielt in verteidigungsrelevante Technologien investiert. Die Mittel werden zwischen Startups, KMU und Großunternehmen aufgeteilt, um ein breites Innovations-Ökosystem zu fördern. Wir setzen uns dafür ein, dass auch Deutschland frühphasige gezielte Investitionen in DefTech-Startups tätigt, zum Beispiel über ein Modul des Zukunftsfonds. Auf diese Weise können sicherheitspolitisch relevante Startups in Deutschland gehalten und von ihren Entwicklungen profitiert werden. Um dies zu erreichen, muss es für VC-Fonds einfacher werden, in DefTech-Startups zu investieren. Mittelfristig sollte auf europäischer Ebene eine Institution, ähnlich der amerikanischen DARPA, eingesetzt werden, die gezielt Investitionen in europäische DefTech-Startups und Schlüsseltechnologien tätigt. Ebenso sollten, wie in den USA, die verschiedenen Innovationseinheiten der Streitkräfte stärker mit dem Beschaffungswesen vernetzt werden.
Deutschland braucht einen Neustart. Wir müssen wieder ein Zukunftsland werden: mit einer klaren Vorstellung davon, wohin wir steuern; mit guten, innovativen Ideen; mit Lust aufs Neue. Damit das gelingt, müssen die Grundlagen stimmen: Wir brauchen Wachstum und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und wir müssen für Sicherheit und einen modernen Staat sorgen. Dort ist in den letzten Jahren zu viel liegengeblieben, es gibt also viel zu tun. Wir haben dafür konkrete Ideen: