Die deutsche Justiz steht noch am Anfang eines tiefgreifenden digitalen Transformationsprozesses. Der Digitalisierungsdruck steigt, getrieben durch gesellschaftliche Entwicklung und die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an einen modernen Rechtsstaat. Die Einführung der elektronischen Akte (E-Akte) und des elektronischen Rechtsverkehrs hat einen wichtigen Grundstein gelegt, doch diese Maßnahmen reichen nicht aus, um unsere Justiz zukunftsfähig aufzustellen. Aktuell gilt die Justiz als veraltet, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Justizsystem wackelt und der Anschluss an die digitale Gesellschaft ist gefährdet.
Übergeordnetes Ziel muss sein, die Justiz fit für das digitale Zeitalter zu machen. Das bedeutet nicht, dass bestehende analoge Prozesse digital abgebildet werden, sondern die Arbeitsweisen und Strukturen der Justiz grundlegend neu gedacht werden. Die Einführung moderner Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI) oder die Nutzung digitaler Bürgerservices wird zu effizienteren Arbeitsabläufen beitragen und die Bürgernähe der Justiz stärken. Zudem muss im Fokus stehen, sich als moderner Arbeitgeber aufzustellen, um junge Talente mit hohen Anforderungen an einen modernen Arbeitsplatz nachhaltig für sich zu gewinnen.
Nur mit einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur kann der Rechtsstaat auch in Zukunft effektiv funktionieren. Dafür braucht es ausreichend finanzielle Mittel und Projekte, die auf dieses Ziel einzahlen. Eine neue Bundesregierung sollte die Fortführung und Erweiterung der Digitalisierungsinitiative für die Justiz daher mit Nachdruck vorantreiben. Im Vordergrund der geförderten Projekte sollten u. a. Investitionen in die IT-Infrastruktur, insbesondere in Rechenzentren und die IT-Ausstattung der Gerichte, sowie Maßnahmen zur Beschleunigung des Rollouts der E-Akte stehen.
Die Kommunikation zwischen Justiz und Bürgern braucht ein Update. Dazu gehören der Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs, die Einrichtung von Online-Verfahren und die Einführung von Chatbots zur Erstberatung. Die Bundesregierung sollte sich für die Einführung eines zentralen Justizportals (Namensvorschlag: „Lexy“) einsetzen, in dem alle relevanten Services zusammengeführt werden. Umsetzen könnte die Einführung der DigitalService. Mit Lösungen wie dem zivilgerichtlichen Online-Verfahren für Fluggastrechte-Fälle und die Rechtsantragsstelle gibt es hier bereits positive Beispiele, auf die aufgesetzt werden kann. Vertrauen in die Justiz entsteht durch Erreichbarkeit, Geschwindigkeit und Einfachheit – all das könnte ein zentrales Portal ermöglichen.
Die Führungskräfte der Justiz müssen besser auf die Anforderungen des digitalen Zeitalters vorbereitet werden. Dies erfordert ein Umdenken in der Governance und der Steuerung von IT-Projekten. Eine zentrale, länderübergreifend arbeitende Führungseinheit für die Digitalisierung der Justiz sollte von der Bundesregierung etabliert werden. In Zusammenarbeit mit den Länderverbünden sollte diese Einheit Innovation vorantreiben und das Justizsystem nachhaltig zukunftsfähig aufstellen. Der Bund muss hierbei eine stärkere Verantwortung übernehmen, idealerweise durch einen „CIO Justiz“, der im Bundesjustizministerium angesiedelt und für die Führungseinheit verantwortlich ist.
Deutschland braucht einen Neustart. Wir müssen wieder ein Zukunftsland werden: mit einer klaren Vorstellung davon, wohin wir steuern; mit guten, innovativen Ideen; mit Lust aufs Neue. Damit das gelingt, müssen die Grundlagen stimmen: Wir brauchen Wachstum und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und wir müssen für Sicherheit und einen modernen Staat sorgen. Dort ist in den letzten Jahren zu viel liegengeblieben, es gibt also viel zu tun. Wir haben dafür konkrete Ideen: