Berlin, 18. Januar 2024 - Ausspionieren von Passwörtern, Betrug beim Onlinehandel oder schwere Beleidigungen in sozialen Netzwerken: Die große Mehrheit (67 Prozent) der Internetnutzerinnen und -nutzer in Deutschland ist 2023 Opfer von Cyberkriminalität geworden. 30 Prozent mussten in den vergangenen zwölf Monaten keine solchen Vorfälle verzeichnen, 3 Prozent wollten dazu keine Angaben machen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter 1.018 Personen in Deutschland ab 16 Jahren, die das Internet nutzen. Vor einem Jahr waren noch 75 Prozent von Cyberkriminalität betroffen gewesen. „Digitale Technologien sind in unserem Berufs- und Privatleben omnipräsent, und das sind auch die Online-Kriminellen. Dabei machen wir es ihnen leider noch zu oft zu leicht. Mit einigen wenigen Maßnahmen lässt sich der weit überwiegende Teil der Angriffe abwehren, und dabei sind alle Nutzerinnen und Nutzer gefordert“, sagt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst. „Dazu gehört zum Beispiel sichere Passwörter oder Passkeys zu wählen, Updates zeitnah einzuspielen und bei ungewöhnlichen Nachrichten von vermeintlichen Familienmitgliedern oder Arbeitskollegen skeptisch zu sein.“
Am häufigsten berichten Internetnutzerinnen und -nutzer über Phishing, also Versuche, per Mail, Kurznachricht oder Telefon, persönliche Informationen wie Passwörter herauszubekommen (35 Prozent). Bei 6 Prozent wurden auf diesem Weg Zugangsdaten zu einem Online-Dienst erfolgreich ausspioniert. 30 Prozent sind beim Online-Einkauf betrogen worden, 8 Prozent wurden als Verkäufer von Waren online betrogen. Rund ein Viertel (26 Prozent) ist im Internet verbal massiv angegriffen oder schwer beleidigt worden, 5 Prozent wurden sexuell belästigt. Bei einem Fünftel (20 Prozent) wurde der Computer mit Schadprogrammen wie Viren infiziert, bei 13 Prozent das Smartphone. Einen Angriff mit Ransomware, bei dem Daten verschlüsselt und nur gegen Lösegeld wieder zugänglich gemacht werden, haben auf ihrem PC 1 Prozent erlebt, auf dem Smartphone 3 Prozent. 13 Prozent wurden Opfer von Betrug beim Online-Banking oder ihre Kontodaten wurden missbraucht. Darüber hinaus geben 4 Prozent an, dass eine Person sich im Internet unter dem eigenen Namen ausgegeben hat, bei 2 Prozent wurden E-Mails in ihrem Namen versendet.
Bei einem Drittel (33 Prozent) der von Cyberkriminalität Betroffenen ist kein finanzieller Schaden entstanden, 14 Prozent können oder wollen dazu keine Aussagen machen. Bei den übrigen ist im Durchschnitt im vergangenen Jahr ein Schaden von 262 Euro entstanden. 9 Prozent haben ein Schaden von weniger als 50 Euro erlitten, 30 Prozent einen von 50 bis 150 Euro, 10 Prozent von 150 bis 500 Euro und 5 Prozent wurden sogar um 500 Euro oder mehr geschädigt. „Ein erfolgreicher Angriff von Cyberkriminellen kann im Einzelfall teuer für die Opfer werden. Aber oft ist es nicht nur der materielle Schaden, der schmerzt, etwa bei persönlichen Angriffen oder Bedrohungen“, so Wintergerst.
3 von 10 Betroffenen (30 Prozent) haben nach einem kriminellen Vorfall nichts unternommen. Rund die Hälfte (54 Prozent) hat das Gespräch mit Familie oder Freunden gesucht. Ähnlich viele (48 Prozent) haben sich an das Unternehmen gewandt, dessen Plattform für kriminelle Aktivitäten genutzt wurde, also etwa das soziale Netzwerk, der Online-Shop oder die Bank. 17 Prozent haben anschließend ihren dortigen Account gelöscht oder gekündigt. 8 Prozent haben in einem öffentlichen Beitrag, etwa auf Social Media, auf den kriminellen Vorfall aufmerksam gemacht, 4 Prozent haben einen Rechtsanwalt aufgesucht und 1 Prozent ist auf die Forderungen der Kriminellen eingegangen und hat zum Beispiel Lösegeld bezahlt. Eine Anzeige bei der Polizei haben nur 14 Prozent erstattet, weitere 9 Prozent haben sich an andere Behörden gewendet, etwa das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).
Die Erfahrungen mit der Polizei waren bei denjenigen, die Anzeige erstattet haben, überwiegend negativ. So wurde nach Angaben der Befragten in keinem Fall ein Täter ermittelt oder verurteilt. 15 Prozent mussten sich an verschiedene Stellen wenden, bevor ihnen geholfen werden konnte, 43 Prozent bewerten den Aufwand durch die Anzeige im Nachhinein als zu hoch. 46 Prozent geben an, sie würden beim nächsten Mal auf eine Anzeige verzichten. Zugleich sagen immerhin 23 Prozent, die Polizei habe kompetent beraten und unterstützt. „Cyberkriminalität wird häufig aus dem Ausland verübt, teilweise mit Wissen oder zumindest Duldung der dortigen Behörden. Das erschwert eine Verfolgung und Bestrafung der Täterinnen und Täter. Dennoch sollten Opfer nicht auf eine Anzeige verzichten, denn durch Öffentlichkeit und den Verfolgungsdruck können zumindest weitere Taten verhindert werden“, so Wintergerst. „Wir müssen Polizei und Sicherheitsbehörden aber personell und technisch so ausstatten, dass sie gegen Kriminelle auch in der Online-Welt mit Nachdruck erfolgreich vorgehen können.“
Die Stärkung der Cybersicherheit und der Kampf gegen Cyberkriminalität sind auch die Themen der Munich Cyber Security Conference am 15. und 16. Februar. Die MCSC, die in diesem Jahr zum zehnten Mal stattfindet, legt den Schwerpunkt auf Strategien und Managementkonzepte zur Bewältigung der aktuellen Bedrohungslage und gibt einen Einblick in die zukünftige Entwicklung der Cybersicherheitspolitik. Alle Informationen online unter mcsc.io/mcsc-2424
Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverband Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 1.018 Internetnutzerinnen und -nutzer ab 16 Jahren in Deutschlandtelefonisch befragt. Die Befragung fand im Zeitraum von KW 37 bis KW 42 2023 statt. Die Gesamtumfrage ist repräsentativ. Die Fragestellungen lauteten „Welche der folgenden Erfahrungen mit kriminellen Vorfällen haben Sie persönlich in den vergangenen 12 Monaten im Internet gemacht?“, „Ist Ihnen dabei ein finanzieller Schaden entstanden?“, „Wie haben Sie auf die kriminellen Vorfälle reagiert?“ und „Sie haben angegeben, Strafanzeige bei der Polizei erstattet zu haben. Welche der folgenden Aussagen trifft in diesem Kontext auf Sie zu?“