Trotz des rasanten Wachstums und der Innovationskraft der Digitalwirtschaft bleibt ein bedeutendes Potenzial für die Digitalisierung weitgehend ungenutzt: Frauen. Mit etwa 30 Prozent sind Frauen in der IT- und Tech-Branche nach wie vor unterrepräsentiert. Gleichzeitig sagen 68 Prozent der Unternehmen der Digitalwirtschaft, dass die Branche ihr Fachkräfteproblem ohne Frauen nicht lösen wird. Das Ungleichgewicht behindert nicht nur die Chancengleichheit, sondern schwächt auch die Innovationskraft der Branche. Erklärtes Ziel einer neuen Bundesregierung muss es daher sein, Frauen in der Digitalisierung zu stärken. Nur so können die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nachhaltig gesichert und die Weichen für eine inklusive und zukunftsfähige technologische Entwicklung gestellt werden. Darüber hinaus muss die Stärkung weiterer Diversitätsdimensionen in der Gestaltung unserer digitalen Gesellschaft Priorität bleiben.
Die schulische Bildung ist einer der wichtigsten Schlüssel dafür, mehr Frauen für die Digitalbranche zu gewinnen. Mädchen müssen schon im Kindesalter gleichermaßen wie Jungen an Digitalthemen herangeführt und dafür begeistert werden, denn technologische Entwicklungen betreffen alle gleichermaßen. Die bundesweite Verankerung eines Pflichtfachs Informatik ist ein entscheidender Hebel und muss in allen Bundesländern zügig umgesetzt werden. Ergänzend dazu braucht es verpflichtende Richtlinien für gendersensible Bildungsinhalte und Lehrmaterialien.
2023 waren nur fast 20 % der Erstsemester im Fach Informatik weiblich. Durch erhöhte Praxisnähe und Interdisziplinarität, aber auch bessere Bewerbung von Querschnittsfächern gilt es, mehr Frauen für ein Studium oder eine Ausbildung in der Informatik zu gewinnen. Auch sollten digitale Studienangebote und Weiterbildungen entwickelt werden, die sich ausschließlich an Frauen richten. Zudem braucht es die Förderung spezieller Mentoring-Programme, Netzwerke und Stipendien für Frauen an Hochschulen und in der Ausbildung im Bereich der Informatik.
Um insbesondere in der Phase der Berufswahl stereotype Rollenbilder aufzubrechen, sollten weibliche Talente durch gezielte Kampagnen für Digitaljobs geworben werden. Vorbilder haben hierbei einen nachweislich positiven Effekt. Dafür muss eine bundesweite Kommunikationsoffensive aufgesetzt werden, die weibliche Vorbilder aus der Digitalisierung in die Öffentlichkeit bringt und die Attraktivität der Digitalbranche für Frauen betont.
Um Frauen nachhaltig in der Digitalbranche zu halten, bedarf es einer Erleichterung der Vereinbarkeit von Beruf und Sorgearbeit. Denn die Betreuung von Kindern oder auch die Pflege von Angehörigen übernehmen noch immer größtenteils Frauen. Dazu müssen die Betreuungsinfrastruktur weiter ausgebaut und mit Blick auf die Digitalbranche gesonderte Fördermodelle zur Einrichtung von Betriebs-Kitas entwickelt werden, die insbesondere die Herausforderungen von KMUs berücksichtigen. Zudem sollten steuerliche Anreize zur Förderung flexibler Arbeitszeitmodelle und Förderprogramme, die sich gezielt an Familien mit gerechter Arbeitsteilung bei der Care-Arbeit richten, geprüft und Gründerinnen bzw. Selbstständige im Mutterschutzgesetz berücksichtigt werden.
Vor dem Hintergrund der dramatischen IT-Fachkräftelücke zeigt sich, dass Quereinstiege in der Digitalbranche zunehmend an Relevanz gewinnen. Auch hier müssen Frauen gezielter angesprochen werden. Um Frauen in allen Lebenslagen zu digitalen Expertinnen weiterzubilden und digitale Kompetenzen gezielt zu stärken, sollten in der nächsten Legislaturperiode mehr frauenspezifische, niedrigschwellige, qualitativ hochwertige Weiterbildungsangebote sowie spezifische Förderprogramme für Frauen im Digitalbereich eingeführt werden – wie zum Beispiel die Einführung einer Bildungs(teil)zeit.
Deutschland braucht einen Neustart. Wir müssen wieder ein Zukunftsland werden: mit einer klaren Vorstellung davon, wohin wir steuern; mit guten, innovativen Ideen; mit Lust aufs Neue. Damit das gelingt, müssen die Grundlagen stimmen: Wir brauchen Wachstum und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und wir müssen für Sicherheit und einen modernen Staat sorgen. Dort ist in den letzten Jahren zu viel liegengeblieben, es gibt also viel zu tun. Wir haben dafür konkrete Ideen: