Berlin, 13. Juli 2022 - Das Bundeskabinett entscheidet heute über die Gigabitstrategie der Bundesregierung. Dazu erklärt Bitkom-Präsident Achim Berg:
„Ambitionierte Ziele brauchen ambitionierte Maßnahmen und ein konzertiertes Vorgehen. Die Gigabitstrategie des Bundes kann ihre Ziele nur erfüllen, wenn Bund und Länder gemeinsam mit den Netzbetreibern an einem Strang ziehen. Wir sehen drei große Hebel, die jetzt umgelegt werden müssen: die Digitalisierung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, die Konzentration der Förderpolitik auf echte Bedarfsbereiche und den Abbau bürokratischer Hürden. Die Gigabitstrategie muss in diesen Punkten noch enger an ihren Zielen ausgerichtet werden. Es geht um eine gemeinsame Kraftanstrengung von Politik, Verwaltung und den ausbauenden Netzbetreibern.
Erstens brauchen wir dafür einen Ausbau- und Beschleunigungspakt von Bund, Ländern und Kommunen für Gigabitnetze. Schwerfällige Verfahren und der Verzicht auf neue Ausbaumethoden bremsen den Glasfaserausbau. Das Bau- und Verwaltungsrecht muss umfassend und bundesweit vereinfacht werden. Nur so gelingt eine wirkliche Ausbaubaubeschleunigung. Aktuell kommt an etwa 1.000 Standorten der Mobilfunkausbau nicht voran, viele Verfahren ziehen sich zwei Jahre und länger, weil die Standortsuche langwierig ist, die Genehmigungsverfahren nicht vorangehen und es an Akzeptanz in der Bevölkerung fehlt. Beim Glasfaserausbau gibt es Widerstände vor Ort gegen neue Verlegetechniken, mit denen die Ausbauarbeiten massiv beschleunigt werden könnten. Zahlreiche sehr konkrete Vorschläge zur Vereinfachung der Genehmigungsverfahren liegen lange auf dem Tisch. Sie müssen jetzt endlich auf allen föderalen Ebenen umgesetzt werden.
Zweitens muss die Förderpolitik auf das wirklich Notwendige reduziert werden. Fördermaßnahmen sollten sich auf den Ausbau in jenen Gebieten begrenzen, in denen ein rein privatwirtschaftlich finanzierter Ausbau nicht möglich ist. Eine überzogene Förderung würde die ohnehin schon knappen Baukapazitäten blockieren und damit knappes Steuergeld binden, statt private Investitionen zu aktivieren. Hier sind die angedachten, nachträglichen Überprüfungen von Fehlentwicklungen völlig unzureichend, obendrein sind die entsprechenden Vorgaben der Strategie unklar. Es muss jetzt um verlässliche Ausbaubedingungen nach dem Grundsatz ,Privat vor Staat‘ gehen.
Drittens brauchen wir nicht mehr, sondern weniger Bürokratie. Zum Beispiel beim angedachten Gigabit-Grundbuch: Die Chance, eine für den beschleunigten Ausbau hilfreiche Liegenschaftsdatenbank aufzubauen, wird viel zu spät genutzt und soll erst Ende 2023 realisiert werden. Stattdessen kommt mit neuen Informationsabfragen – und das ohne erkennbaren Mehrwert – ein erheblicher bürokratischer Zusatzaufwand auf die Unternehmen zu. Er bindet Ressourcen, die besser in den Ausbau investiert werden könnten.
Dabei sind die Voraussetzungen für einen beschleunigten Gigabit-Ausbau gut. Schon heute haben nahezu zwei Drittel aller Haushalte Zugang zu Gigabit-Internet. 7,5 Millionen Haushalte können auf Glasfaser zugreifen. Die Investitionsbereitschaft bei den Netzbetreibern ist groß. Zehn bis zwölf Milliarden Euro stehen pro Jahr bis 2025 für den Ausbau der Gigabit-Infrastruktur bereit. Dieses Potenzial muss genutzt und die hohe Ausbaudynamik unterstützt werden. Mit der jetzt vorgestellten Gigabit-Strategie laufen wir hingegen Gefahr, dass der privatwirtschaftliche Ausbau abgewürgt wird.“