Berlin, 06.02.2024 - Sorgt das europäische Verbraucherrecht für faire Bedingungen auf dem digitalen Markt? Um diese Frage zu beantworten, hat die EU-Kommission eine Konsultation für einen digitalen Fairness Fitness Check durchgeführt. Die heutige Konferenz zum Safer Internet Day widmet sich der Thematik unter der Fragestellung „Fit & fair by design – Braucht der europäische Verbraucherschutz ein Update?“. Veranstalter der Konferenz sind das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und der Verband Bitkom e.V.
Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke: „Irreführende, manipulative oder gar süchtig machende Praktiken von digitalen Diensten und Anwendungen sind im digitalen Raum leider weit verbreitet. Die Ergebnisse einer von BMUV beauftragten Umfrage zeigen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher Praktiken wie Endlos-Scrolling und Autoplay als manipulativ und lästig wahrnehmen und mehrheitlich Regulierungsbedarf sehen. Mit dem Digital Services Act haben wir solche Praktiken auf Online-Plattformen unterbunden. Jetzt geht es darum, verbleibende Schutzlücken im EU-Verbraucherrecht zu schließen, um einen wirkungsvollen Rechtsrahmen zu schaffen. Es ist daher gut, dass die EU-Kommission das Verbraucherrecht einem digitalen Fitness Check unterzieht.“
Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst: „Damit Deutschland eine Führungsrolle bei der Digitalisierung einnehmen kann, ist das Vertrauen von Verbraucherinnen und Verbrauchern in die Angebote der digitalen Wirtschaft unabdingbar. Tatsächlich sagen heute 39 Prozent der Deutschen, die das Internet nutzen, dass sie sich bei Online-Angeboten fairer behandelt fühlen als bei klassischen Angeboten vor Ort. Umgekehrt sehen sich 33 Prozent im klassischen Geschäft fairer behandelt als online. Das zeigt, dass die Verbraucherschutzregulierung der vergangenen Dekade auf nationaler und europäischer Ebene als unfair erachtete Praktiken wie dark patterns, Datenmissbrauch oder intransparente Werbung im Netz bereits reduziert hat. Angesichts von technologischen Entwicklungen wie etwa Künstlicher Intelligenz ist es erforderlich, das Verbraucherrecht immer wieder darauf zu überprüfen, ob es für faire Bedingungen am Markt sorgt. Gleichzeitig muss es dafür sorgen, dass die Menschen in Deutschland von den vielen technologischen Innovationen auch in Deutschland profitieren können. Im Fokus sollte eine wirksame, verbraucherorientierte Umsetzung von bereits bestehenden Informationspflichten stehen. Ein reines Mehr an Texten oder Bannern führt nicht dazu, dass die Menschen besser informiert oder geschützt sind. Auch die Unternehmen sind in der Verantwortung dafür zu sorgen, dass sich die Menschen sicher und souverän in der digitalen Welt bewegen können.“
Um die Chancen der Digitalisierung wahrnehmen zu können, ist es wichtig, technische Möglichkeiten zielgerichtet zu nutzen, Risiken entgegenzuwirken und damit das Vertrauen von Verbraucher*innen in den digitalen Raum weiter zu stärken. Die vergangene Dekade hat bereits verschiedene Regulierungen auf deutscher und europäischer Ebene hervorgebracht, die Risiken wie Betrug, unfaire Praktiken und Datenmissbrauch adressiert. Zunehmend komplexe Geschäftsmodelle, sogenannte irreführende, manipulative und suchterzeugende Designs („dark patterns“) und mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz und Big Data personalisierte Angebote stellen jedoch neue Herausforderungen für Verbraucher*innen dar. Mit der fortschreitenden Digitalisierung ist es daher zentral, das Verbraucherrecht darauf zu überprüfen, ob es für faire Bedingungen am Markt sorgt. Vor diesem Hintergrund soll im Rahmen des digitalen Fairness Fitness Check der Europäischen Kommission das EU-Verbraucherrecht einer umfassenden Eignungsprüfung im Hinblick auf die digitale Fairness unterzogen werden.
Zur fairen Gestaltung des digitalen Raums setzt sich das Bundesverbraucherschutzministerium dafür ein, dass Produkte und Dienste von vorneherein konsequent fair und ethisch „by design“ sind und dies in einem entsprechenden Ordnungsrahmen verankert wird. Beispielsweise hat sich das BMUV auf europäischer Ebene insbesondere in Bezug auf Künstliche Intelligenz (KI) als zukunftsweisende Technologie bei der KI-Verordnung für die Rechte von Verbraucher*innen und eine verantwortungsvolle Nutzung von KI eingesetzt. Mit der Corporate Digital Responsibility (CDR)-Initiative arbeitet das Verbraucherschutzministerium zudem daran, unternehmerische Digitalverantwortung zur Selbstverständlichkeit zu machen. Der CDR-Kodex bietet eine entsprechende Orientierung. Darüber hinaus fördert das BMUV u. a. mit dem Projekt „Wirtschaftlicher Verbraucherschutz“ Gemeinschaftsaktionen der 16 Verbraucherzentralen, die Verbraucher*innen etwa rund um Verbraucherrechte in der digitalen Welt sowie zum digitalen Selbstschutz informieren.
Der Digitalverband Bitkom fördert als Partner der Initiative „Digital für alle“ die Souveränität der Verbraucherinnen und Verbraucher in der digitalen Welt und trägt damit zur Vertrauensstärkung in den digitalen Raum bei. Am 7. Juni findet hierzu der fünfte bundesweite Digitaltag statt, der von einem Bündnis von mehr als 25 Organisationen aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft, Wohlfahrt und öffentliche Hand ins Leben gerufen wurde. Der Aktionstag macht die Digitalisierung mit über 2.000 Veranstaltungen erlebbar und trägt dazu bei, digitale Teilhabe zu fördern. Mit seinem "Smart School"-Wettbewerb zeichnet Bitkom zudem digitale Vorreiterschulen aus, die neben einer guten technischen Ausstattung innovative pädagogische Konzepte und umfassende Lehrkräftequalifizierung anbieten und ihre Schüler*innen so auf die digitale Welt vorbereiten. Seit 2016 ist das Netzwerk auf über 115 Standorte in Deutschland gewachsen. Die Bitkom Akademie ist der erste Ansprechpartner für die Aus- und Weiterbildung von Fach- und Führungskräften in einer sich digitalisierenden Arbeitswelt. Mit jährlich über 350 Weiterbildungen pro Jahr in den Themenbereichen Digitale Transformation, Big Data & KI, IT-Sicherheit, Nachhaltigkeit, Datenschutz sowie Recht & Regulierung leistet die Bitkom Akademie einen entscheidenden Beitrag zur Digitalisierung und Technologiekompetenz Deutschlands.