Die übergroße Mehrheit (85 Prozent) der Unternehmen hierzulande fordert, dass Digitalisierung ein Top-Thema für die Politik werden muss. Zugleich befürchtet jedes Zweite (53 Prozent), dass der Politik immer noch das Verständnis für die Digitalisierung fehlt. Dies ist besonders dort kritisch, wo die Politik ganz unmittelbar und operativ in der Verantwortung ist: bei der umfassenden Digitalisierung von Ämtern und Behörden. Sie gehört laut 97 Prozent der Befragten ganz oben auf eine neue Digital-Agenda. Dicht dahinter folgt der Wunsch nach einer Stärkung der Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Fragen der digitalen Bildung (95 Prozent). Und schließlich wünscht sich eine überwältigende Mehrheit (92 Prozent) eine zentrale Stelle in der Bundesregierung, die die Digitalisierung koordiniert. Mit etwas Abstand folgt das Thema Breitbandausbau (83 Prozent), und jeweils 7 von 10 Befragten plädieren für eine Stärkung der Digitalkompetenz aller Bürger (73 Prozent) sowie eine Anpassung des Arbeitsrechts an die Realität der digitalen Welt (71 Prozent). Rund jeder Zweite ist zudem dafür, dass jedes Gesetz darauf geprüft wird, dass es die digitale Innovationsfähigkeit nicht gefährdet (48 Prozent) und 43 Prozent halten es für notwendig, dass die Forschungsförderung nicht mehr mit der Gießkanne verteilt, sondern auf digitale Technologien konzentriert wird.
Die Unternehmen sehen aber auch, dass sie selbst etwas tun müssen. So haben sich zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) eine Digitalstrategie gegeben. In 37 Prozent der Fälle gilt sie zentral für das gesamte Unternehmen, 31 Prozent haben sie zumindest in einzelnen Bereichen. 3 von 10 Unternehmen (28 Prozent) geben allerdings an, über keinerlei Digitalstrategie zu verfügen. „Digitalisierung ist in zu vielen Unternehmen noch nicht organisatorisch verankert“, sagte Berg. So hat aktuell nur jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) eine organisatorische Einheit, die sich speziell mit der Digitalisierung beschäftigt. Und nur in jedem zehnten Unternehmen (10 Prozent) gibt es einen Chief Digital Officer (CDO) oder eine vergleichbare Position wie einen Leiter Digitalisierung.
Was die Angebote der Unternehmen angeht, hat die Digitalisierung dagegen bereits deutlichere Spuren hinterlassen. 6 von 10 Unternehmen (62 Prozent) sagen, dass sie als Folge der Digitalisierung bestehende Produkte und Dienstleistungen anpassen, 4 von 10 (44 Prozent) bieten völlig neue Produkte und Dienstleistungen an. Das entspricht in etwa den Werten aus dem Vorjahr (64 beziehungsweise 41 Prozent). „Hier müssten wir Werte nahe Hundert Prozent erreichen. Nahezu alle Unternehmen sind gefordert, neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt zu bringen. So wird Digitalisierung gestaltet, nicht nur verwaltet“, sagt Berg. Stark gestiegen ist von 16 auf 31 Prozent vor allem die Zahl jener Unternehmen, die im Zuge der Digitalisierung bestimmte Produkte und Dienstleistungen vom Markt nehmen.
Zwar sehen die meisten Unternehmen die große Bedeutung digitaler Technologien für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Als besonders relevant erkannt werden Big Data (69 Prozent), Internet of Things (66 Prozent), Robotik (63 Prozent), 3D-Druck (57 Prozent), Blockchain (55 Prozent), Virtual und Augmented Reality (52 Prozent), Künstliche Intelligenz (49 Prozent) und Drohnen (41 Prozent). Zugleich gibt aber nur ein Bruchteil der Unternehmen an, diese Technologien im Unternehmen einzusetzen beziehungsweise den Einsatz zu planen oder wenigstens zu diskutieren. Kaum zum Einsatz kommen derzeit die Blockchain-Technologie (2 Prozent), gefolgt von Künstlicher Intelligenz (9 Prozent), Drohnen (15 Prozent), Virtual und Augmented Reality (21 Prozent), Robotik (29 Prozent). Etwas stärker verbreitet sind 3D-Druck (33 Prozent), Internet of Things (37 Prozent) und Big Data (51 Prozent). „Das Bewusstsein für die Relevanz neuer digitaler Technologien ist da, aber es wird nicht in die eigene Geschäftstätigkeit übersetzt“, sagte Berg.
Der Bitkom-Präsident sieht Deutschland bei der Erforschung vieler dieser Zukunftstechnologien weltweit in der Spitzengruppe. Diese gute Ausgangsbasis müsse man jetzt nutzen. Aus Sicht von Berg lautet die Aufgabe, „aus dem Industriestandort Deutschland einen Digitalstandort Deutschland zu machen.“ Mit Blick auf die schwierige Regierungsbildung fordert Berg Konzentration auf das Wesentliche – und das ist für ihn Digitalisierung. Dabei verweist Berg auf den finanziellen Spielraum von 40 Milliarden Euro, der bei den ergebnislosen Sondierungsgesprächen von Union, FDP und Grünen für die anstehende Legislaturperiode identifiziert wurde. „Wenn diese Gelder jetzt in einer neuen Konstellation zur Disposition stehen, müssen sie auf ganz zentrale Maßnahmen konzentriert werden: Bildung, Digitalisierung von Verwaltung und Infrastrukturen, und massive Förderung von Zukunftstechnologien wie der Künstlichen Intelligenz“, forderte Berg. „Die Digitalisierung braucht Weichenstellungen und sie braucht Tempo. Es darf nicht länger der Langsamste das Tempo vorgeben, wir müssen runter von der Bremse.“ In der nächsten Regierung sollte es aus Bitkom-Sicht deshalb einen starken Digital-Staatminister im Bundeskanzleramt geben, der über die nötigen Rechte und Ressourcen verfügt. Berg: „Jedes Gesetz sollte überprüft werden, ob es die digitale Innovationsfähigkeit in Deutschland behindert – und dann im Bedarfsfall geändert wird.“
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 505 Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten befragt. Die Umfrage ist repräsentativ für die Gesamtwirtschaft.