Berlin, 28. Februar 2020 - Am 1. März 2020 tritt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft. Dazu erklärt Bitkom-Präsident Achim Berg:
„Das Fachkräfteproblem ist neben der Digitalisierung die größte Herausforderung der deutschen Wirtschaft. Hunderttausende Stellen können nicht besetzt werden – darunter allein 124.000 meist sehr lukrative IT-Jobs quer durch alle Branchen. Die Zahl offener Stellen ist zuletzt stark gestiegen und hat sich in den vergangenen beiden Jahren mehr als verdoppelt, von 55.000 Ende 2017 und 82.000 Ende 2018.
Neben Bildung ist qualifizierte Zuwanderung der Schlüssel für die Besetzung der vakanten Stellen. 2018 lag die Zahl der Absolventen von Informatikstudiengängen bei gut 27.000. Da aber allein die IT- und Telekommunikationsbranche jährlich etwa 40.000 zusätzliche Jobs schafft, ist der Wirtschaftsstandort Deutschland zwingend auf ausländische Spezialisten angewiesen. Selbst unter größten Anstrengungen, junge Menschen für eine Karriere im IT-Bereich zu begeistern, wird sich diese Lücke allein mit inländischen Fachkräften auch künftig nicht schließen lassen. Den akuten Bedarf kurzfristig zu decken, ist ohnehin unmöglich. Durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz können bereits ausgebildete, kompetente IT-Fachkräfte in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden und so die Innovationskraft der deutschen Wirtschaft stärken. Diese Experten kommen nicht von selbst, wir müssen uns intensiv um sie bemühen. Dazu gehört, dass wir bürokratische Hürden senken, Verfahren vereinfachen und die Fachkräfte und ihre Familien willkommen heißen.
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung. Wir erwarten uns davon, dass ausländische IT-Spezialisten nun einfacher und schneller eingestellt werden können. Zu begrüßen sind die Einrichtung einer neuen Bundesbehörde zur beschleunigten Visa-Erteilung und der Wegfall der Vorrangprüfung. Damit muss man also künftig nicht mehr nachweisen, dass kein deutscher oder EU-Bewerber zur Verfügung steht. Außerdem unterstützen wir, dass IT-Spezialisten nun auch ohne formalen Qualifikationsnachweis nach Deutschland kommen können, sofern sie drei Jahre Berufserfahrung haben. Das Gesetz legt den Fokus richtigerweise auf die IT-Kompetenz des Bewerbers und nicht auf formale Bildungsabschlüsse. Diese IT-Kompetenz kann gerade der potenzielle Arbeitgeber am besten beurteilen. Hier sollte den Unternehmen noch mehr Spielraum gegeben werden.
Allerdings gibt es auch einige Punkte, bei denen nachgebessert werden muss. Die Verfahren zur Erteilung des Aufenthaltstitels, um eine Beschäftigung auszuüben, sollten vollständig digitalisiert werden. So könnten Antragstellung und Genehmigung beschleunigt werden. Gerade bei Fachkräften aus Drittstaaten ziehen sich Verfahren momentan oft sechs Monate lang hin. Die Digitalwirtschaft und insbesondere schnellwachsende Startups sind darauf angewiesen, IT-Stellen zügig zu besetzen, um im internationalen Wettbewerb mitzuhalten. Bei IT-Spezialisten sollte zudem nicht nur in begründeten Einzelfällen auf den Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse verzichtet werden, dies sollte der Regelfall sein. Das gilt insbesondere für Startups. In nahezu jedem dritten Startup ist die Unternehmenssprache Englisch, in den größeren Startups ab 20 Beschäftigten ist das sogar bei mehr als der Hälfte der Fall. Um Fachkräfte in das Unternehmen zu integrieren, sind fundierte Deutschkenntnisse oftmals gar nicht erforderlich.“