Nationale Umsetzung der Plattformarbeitsrichtlinie
Das EU-Gesetzgebungsverfahren zur Plattformarbeitsrichtlinie ist praktisch abgeschlossen. Die nationale Umsetzung der Richtlinie in Deutschland müsste aus Sicht des Bitkom insbesondere folgende Punkte berücksichtigen:
Die Definition der Arbeitsplattform sollte – etwa durch Klarstellungen in der Gesetzesbegründung – präzisiert werden. In der Richtlinie ist die Begriffsbestimmung zu weit gefasst und etwas missverständlich. Es ist zu befürchten, dass auch Online-Anwendungen darunter fallen könnten, die mit Plattformarbeit nichts zu tun haben, z.B. Kunden-Hotline oder Ticketing-System für IT-Support. Insbesondere sollte der Gesetzgeber bestätigen und klarstellen, dass digitale Arbeitsplattformen zur Herstellung des Kontakts zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern dienen (und nicht zur Abwicklung von auch ohne die Plattform etablierten Lieferbeziehungen). Die Definition umfasst damit nicht Systeme, die vom Auftraggeber oder Auftragnehmer selbst betrieben werden, um die Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung zu managen.
Bitkom unterstützt, dass Plattformtätige, die mit einem Dritten in einem Vertragsverhältnis stehen, ebenfalls einen angemessenen Schutz im Rahmen der Richtliniegenießen sollen, wie solche, die in einem unmittelbaren Vertragsverhältnis mit einer digitalen Arbeitsplattform stehen. Eine gesetzliche Nachunternehmerhaftung digitaler Arbeitsplattformen analog zu § 28e SGB IV wäre allerdings keine verhältnismäßige Maßnahme. Digitale Arbeitsplattformen sorgen durch vertragliche Regelungen mit ihren Nachunternehmern bereits jetzt dafür, dass diese sämtliche gesetzliche Anforderungen einhalten müssen.
Die nationale Umsetzung der widerlegbaren Vermutung eines Arbeitsverhältnisses muss sicherstellen, dass echte Selbstständige auch weiterhin als solche arbeiten können. Im Umsetzungsgesetz sollten deshalb klare und präzise Kriterien für die Beschäftigungsvermutung verankert werden, die sich eindeutig auf potenzielle Scheinselbständigkeit konzentrieren. Hierfür sollten die vom EuGH in der Rechtssache C-692/19 („Yodel") festgelegten Kriterien herangezogen werden. Gleichzeitig sollten für den möglichen zweiten Schritt der Widerlegung keine Kriterien wie bei der Beschäftigungsvermutung festgelegt werden.
Die umfassenden Transparenzvorgaben für algorithmisches Management sollten bei der nationalen Umsetzung nicht erweitert werden. Eine unverhältnismäßige Ausweitung der Transparenzvorgaben würde zu erhöhten bürokratischen Hürden und damit zu Nachteilen für Unternehmen führen, die in der EU tätig sind.
Es sollte im Umsetzungsgesetz konkretisiert werden, wie ein Kommunikationskanal für Plattformtätige technisch und praktisch gestaltet werden soll.