Videokonferenzen, Kollaborationstools, elektronische Rechnungen und digitale Dokumentenverwaltung – in der Corona-Pandemie hat es in vielen deutschen Unternehmen einen Digitalisierungsschub gegeben. Aber wie nachhaltig ist dieser und wie beurteilen die Unternehmen gut zwei Jahre nach Pandemiebeginn ihren Digitalisierungsfortschritt? Welche digitalen Office-Tools werden weiterhin eingesetzt? Welche Rolle spielt Papier heute noch in deutschen Büros? Wo gibt es die größten Hürden bei der Digitalisierung und wie steht es um die Investitionsbereitschaft in digitale Büro- und Geschäftsprozesse? Um diese und weitere Fragen zu beantworten, hat der Digitalverband Bitkom mehr als 1.100 Unternehmen aus allen Branchen repräsentativ befragen lassen.
Bitkom Digital Office Index 2022
Die Corona-Pandemie hat einen nachhaltigen Digitalisierungsschub in den deutschen Unternehmen ausgelöst. Rund jedes Zweite (49 Prozent) gibt an, dass Corona die Digitalisierung des eigenen Geschäftsmodells beschleunigt hat. Vor zwei Jahren, kurz nach Beginn der Pandemie, waren es erst 15 Prozent. In 44 Prozent hat Corona die Digitalisierung der Geschäftsprozesse beschleunigt (2020: 18 Prozent). 6 von 10 Unternehmen (60 Prozent) sind überzeugt, dass digitale Technologien dabei geholfen haben, die Pandemie zu bewältigen. Eine knappe Mehrheit (53 Prozent) betont, dass Corona einen Innovationsschub im eigenen Unternehmen ausgelöst hat. Und 4 von 5 Unternehmen (83 Prozent) verfügen inzwischen über eine Digitalstrategie. Vor zwei Jahren lag der Anteil erst bei 74 Prozent. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 1.102 Unternehmen ab 20 Beschäftigten aus allen Wirtschaftsbereichen im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. Im laufenden Jahr dürften die Investitionen in die Digitalisierung von Büro- und Verwaltungsprozessen weiter zunehmen. 29 Prozent der Unternehmen wollen in diesem Jahr mehr investieren als noch 2021, nur halb so viele (14 Prozent) planen, ihre Investitionen zurückzufahren. Die Mehrheit (53 Prozent) lässt die Ausgaben unverändert. „Digitalisierung macht Unternehmen krisenfest. Diese Erkenntnis hat sich in der deutschen Wirtschaft durch die Corona-Pandemie durchgesetzt. Ebenso wie die Erkenntnis, dass es digitale Transformation nicht zum Nulltarif gibt.“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Corona ist offensichtlich der Anstoß für viele längst überfällige Digitalisierungsmaßnahmen in den Unternehmen gewesen.“
Deutlich zugenommen hat in den Pandemie-Jahren auch die Nutzung von Digital-Office-Lösungen. So haben inzwischen drei Viertel (76 Prozent) der Unternehmen mindestens eine Anwendung für Enterprise Content Management (ECM) im Einsatz, die unter anderem eine digitale Verwaltung geschäftlicher Dokumente ermöglicht (2020: 68 Prozent). Ebenfalls drei Viertel (77 Prozent) nutzen eine Customer-Relationship-Management-Anwendung (CRM) zur digitalen Verwaltung von Kundenkontakten (2020: 60 Prozent). Und sogar 95 Prozent setzen Enterprise Resource Planning (ERP) ein, also die digitale Planung und Steuerung von Ressourcen wie Material oder Personal (2020: 77 Prozent). Berg: „Ein Archiv voller Papierordner oder die Kundenliste auf Karteikarten muss der Vergangenheit angehören. Deutschland ist auf dem Weg in die Datenökonomie und die Voraussetzung für die Verwendung von Daten ist der Verzicht auf analoge Geschäftsprozesse.“
Dabei gibt es eine weit verbreitete Zufriedenheit mit dem Einsatz digitaler Lösungen für Geschäfts- und Verwaltungsprozesse. So sehen drei Viertel eine Verbesserung bei der Erfüllung von Compliance-Richtlinien (74 Prozent) und der Performance (72 Prozent). Je 7 von 10 Unternehmen sehen eine Zunahme bei der Transparenz (70 Prozent) sowie der Automatisierung (68 Prozent) der Prozesse und zwei Drittel (66 Prozent) bei der Kundenzufriedenheit. Jedes dritte Unternehmen sieht ein verstärktes Angebot an neuen Produkten und Dienstleistungen (38 Prozent) sowie eine erhöhte Zufriedenheit bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (36 Prozent). Uneinheitlich ist das Bild bei der Datensicherheit. Hier sehen 45 Prozent der Unternehmen eine Zunahme, aber 11 Prozent auch eine Abnahme durch die Nutzung digitaler Lösungen.
Größte Hürden bei der Digitalisierung sind unverändert ein als zu hoch empfundener Investitionsbedarf (73 Prozent), die Angst vor unberechtigtem Zugriff auf Daten (65 Prozent) sowie zu wenig qualifiziertes Personal (64 Prozent). Daneben nennt rund jedes zweite Unternehmen fehlende Zeit (55 Prozent), Angst vor Datenverlust (54 Prozent), fehlende Standards (53 Prozent). Rechtliche und regulatorische Bestimmungen (52 Prozent), zu hohe Anforderungen an den Datenschutz (51 Prozent) und die IT-Sicherheit (51 Prozent). Seltener genannt wird Widerstand im eigenen Unternehmen (41 Prozent) sowie fehlende externe Beratung (33 Prozent). Kaum mehr Zweifel gibt es am wirtschaftlichen Nutzen der Digitalisierung. War dieser 2018 noch 34 Prozent und vor zwei Jahren 27 Prozent der Unternehmen unklar, so sind es jetzt nur noch 19 Prozent. „Die letzten Zweifel an der Notwendigkeit der Digitalisierung sind ausgeräumt. Digitalisierung ist aber kein Selbstläufer, sondern erfordert Anstrengung und Ressourcen. Die Unternehmen müssen sich jetzt darauf konzentrieren, die vorhandenen Hürden auszuräumen“, betont Berg.