Im Reisebüro Kataloge wälzen– das war einmal. In der Welt der Online-Portale lassen sich viele Menschen im Web für kommende Urlaube inspirieren und auch gleich beraten. Doch entgegen jeder Erwartung zeigt die weltgrößte Touristikmesse ITB in Berlin in diesem Jahr, dass sich der Weg ins analoge Reisebüro bald wieder lohnen könnte – dank der Digitalisierung.
Beim Gang durch die Hallen der ITB 2016 wird schnell klar – in der Tourismusbranche tut sich was. An fast jedem Stand liegen Virtual Reality Brillen . Teils aus Pappe, teils als Smartphone Gadget, teils als vollfunktionsfähige VR-Brille. „Der Hype ist groß. Im letzten Jahr waren es vielleicht zwei oder drei namhafte Aussteller, die VR-Erlebnisse angeboten haben“, erklärt ein Fachbesucher. Schnell wird deutlich, wie wertvoll virtuelle Urlaubserlebnisse für Touristikanbieter sein können. Ein Aussteller schwärmt von den neuen Möglichkeiten: „Es ist schwierig, eine Urlaubs- oder Reisedestination für Kunden im Vornherein erlebbar zu machen. Anders ist das mit VR-Brillen. Kombiniert mit entsprechendem Sound kann der Kunde direkt erfahren, wie es sich am Zielort anfühlt, wie sein Zimmer aussieht. Er kann das Meeresrauschen vom Balkon erleben.“
Dem Trend folgend zeigt die ITB 2016 in eigens für die Digitalisierung eingerichteten Messehallen: In der Touristikbranche entstehen im Zuge der digitalen Transformation neue Geschäftsmodelle. Bewertungsportale für Strände, virtuelle Bezahlsysteme, personalisierte Hotel-Apps. Angst um den Job?„ Irgendjemand muss ja auch die Bilder für die VR-Brillen produzieren“, schmunzelt der Geschäftsführer einer Produktionsfirma, die sich auf virtuelle 360°-Grad-Ansichten von Hotels und Kreuzfahrtschiffen spezialisiert hat.
Nebenan zeigt ein Austeller, was Reiseunternehmen mit solchen Bildern noch machen können. Mit einer VR-Brille auf der Nase begeht man ganze Hotelanlagen, kann jedes Zimmer genau unter die Lupe nehmen. „Dass man auch direkt die Preise der Zimmer in der virtuellen Welt vergleichen kann, liegt auf der Hand“, so der Austeller. Erklärte Zielgruppe des Unternehmens: Reisebüros – denn noch besitzen wenige Privatpersonen eine VR-Brille. Langfristig sollen aber Kunden vom Sofa aus virtuelle Reiseziele erkunden und Angebote buchen können. Doch schon jetzt wird die Technik in immer mehr Reisebüros die Qualität der Beratung auf ein neues Level bringen.
So erlebt die Costumer Journey, der Weg von der Idee bis zur Nachbereitung der Reise, nicht nur online, sondern auch in klassischen Reisebüros ihre ganz eigene, digitale Wandlung. Wer also noch keine VR-Brille auf dem Couchtisch liegen hat, sollte mal im nächsten Reisebüro fragen. Es könnte sein, dass man dort gar nicht mehr weg will.