Berlin, 15. Dezember 2021 – Am Mittwoch will das Europäische Parlament über den Digital Markets Act abstimmen. Dazu erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder:
„Der Digital Markets Act (DMA) setzt zwar wichtige Impulse für einen fairen Wettbewerb in der EU, hat in der zur Abstimmung gestellten Fassung des EU-Parlaments aber weitreichende negative Folgen für europäische Plattformen und Startups. Obendrein werden die IT-Sicherheit und der Datenschutz geschwächt. Plattformen sind zentrale Bausteine der digitalen Wirtschaft und damit in Deutschland und Europa ein Motor für Wachstum und Beschäftigung. Wichtig ist eine smarte Regulierung, deren klare Regeln den eng umgrenzten Anwendungsbereich der so genannten Gatekeeper umfassen, aber nicht darüber hinaus Kollateralschäden für andere Unternehmen zur Folge haben. Zugleich wird mit dem DMA die Chance einer konstruktiven Wettbewerbsregulierung verpasst und statt einer gezielten Förderung die Sanktionierung in den Mittelpunkt gestellt. Dabei müssen aus Sicht des Bitkom Innovations- und Kooperationsanreize für neu entstehende Plattformen und Digitalunternehmen dringend ausgebaut werden.
Nicht zu Ende gedacht ist die vom EU-Parlament geforderte Interoperabilität von Messenger-Diensten, wodurch der Versand von Nachrichten zwischen verschiedenen Messengern möglich würde. Messenger-Dienste sind keine E-Mails oder SMS, sondern verfügen über deutlich mehr Funktionen, die erst einmal standardisiert werden müssten. Neben immensen technischen Hürden bestehen auch Datenschutzbedenken, da die Nutzungs- und Metadaten der User eines Messenger-Dienstes dann an die anderen Dienste weitergegeben werden müssten. Zudem entscheiden sich die Kundinnen und Kunden häufig für einzelne Messenger-Dienste, weil sie spezielle Funktionen oder Datenschutz- und Sicherheitseinstellungen bieten. Funktionen und Sicherheitsniveau würden sich bei einem Austausch zwischen zwei oder bei Gruppenchats mit mehreren Messengeren zwangsläufig immer an dem leistungsschwächsten Dienst ausrichten. In einer Kette von miteinander verbundenen Diensten würde künftig das Angebot mit dem geringsten Funktionsumfang und dem niedrigsten Sicherheits- und Schutzniveau die jeweilige Kommunikation bestimmen. Das kann nicht im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher sein.
Der Digital Markets Act ist eines der wichtigsten digitalpolitischen Vorhaben in Europa in diesem und im kommenden Jahr. Das EU-Parlament, die EU-Kommission und der Rat müssen sich daher in den anstehenden Trilog-Verhandlungen auf die ursprüngliche Zielstellung des DMA besinnen: faire Wettbewerbsbedingungen in Europa zu schaffen. Dafür braucht es klare Regeln, welche Unternehmen in den Anwendungsbereich des DMA fallen, damit dies nicht erst in jahrelangen Rechtsstreitigkeiten geklärt werden muss. Es braucht zusätzliche und frühe Leitlinien zur Auslegung und Umsetzung des DMA. Und funktionierende Dialogprozesse für die Gatekeeper, die im digitalen Ökosystem aktiven Unternehmen und aufstrebende europäische Anbieter. Ein DMA, der gut gemacht ist, muss Innovation im wirtschaftlichen Zusammenspiel ermöglichen, zugleich fairen Wettbewerb sicherstellen und vor allem auch die unerwünschten Nebenwirkungen von Regulierung berücksichtigen.“