

Deutschland hat im Bereich Blockchain eine vielversprechende Ausgangslage. Die Bundesregierung hat mit ihrer im September 2019 verabschiedeten Nationalen Blockchain Strategie eine internationale Vorreiterrolle eingenommen. Insgesamt zehn Ministerien sind an der Umsetzung der 44 Maßnahmen beteiligt. Im Finanzbereich beispielsweise wurden und werden durch diverse Gesetzesvorhaben zu Kryptowerten und Kryptowertpapieren die Weichen für den breiten Einsatz der Technologie gestellt. Und auch in zahlreichen weiteren Branchen wie der Logistik kommt Blockchain, oft im Rahmen (intern-) nationaler Unternehmenskonsortien und in Verbindung mit anderen Technologien (IoT, KI etc.), bereits konkret zum Einsatz. Mit vielen innovativen Startups und aufgeschlossenen Konzernen in unterschiedlichsten Branchen gehört Deutschland auch wirtschaftlich zu den „Blockchain-Hotspots“ weltweit. Die Bundesregierung sollte diese gute Ausgangsposition durch innovationsfreundliche Regulierung, breite öffentliche Förderung, und eine massive (Aus-) Bildungsinitiative weiter ausbauen. Wir sollten das einmalige Potenzial dieser zukünftigen Schlüsseltechnologie für Wirtschaft und Gesellschaft nutzen, um nicht nur internationale Talente und Unternehmen anzuziehen, sondern auch global Standards in regulatorischen, technischen und politischen Fragen zu setzen.
Das Fehlen einer konkreten Roadmap bzw. eines klaren Umsetzungsplans behindert die zügige und produktive Umsetzung der Blockchain-Strategie. Zudem mangelt es an ministeriumsübergreifender Zusammenarbeit und Wissensaustausch. Wir brauchen eine koordinierende Taskforce zur Abstimmung, Beratung, und Überprüfung von staatlichen Blockchain-Vorhaben, auch zwischen Bundes- und Länderebene. Sofern die neue Bundesregierung ein Digitalministerium einrichtet, sollte diese Aufgabe dort angesiedelt sein.
Ohne einen hohen Digitalisierungsgrad von privaten wie staatlichen Institutionen und Prozessen kann es keinen breiten Einsatz der Blockchain-Technologie geben. Hierzu braucht es sektoren-übergreifende regulatorische Maßnahmen: Die gesetzliche Akzeptanz von digitalen Dokumenten (Frachtpapiere, Zollpapiere, Ausweispapiere etc.) muss dringend verbessert werden. Im Speziellen braucht es im Finanzsektor endlich einen einheitlichen europäischen Markt für Blockchain-basierte Finanzprodukte. Hierzu sollte die Bundesregierung eine zielgerichtete Implementierung der Markets-in-Crypto-Assets Regulation (MiCA) vorantreiben – mit möglichst wenigen Anpassungen der nationalen Kryptoverwahrregulierung. Zudem muss – aufbauend auf der Einführung elektronischer Wertpapiere – auch die „Dematerialisierung“ von Aktien regulatorisch ermöglicht werden. Im Steuerrecht ist eine bundesweit einheitliche und eindeutige Behandlung von Kryptowerten von Nöten.
Wir brauchen einen Blockchain-spezifischen Fördertopf mit eigenen finanziellen Mitteln zur Förderung der Technologie. Nach dem Vorbild des millionenfinanzierten Schaufensterprojektes „Sichere Digitale Identitäten“ sollten in Public-Private-Partnerships und -Reallaboren/-Testfeldern zahlreiche Leuchtturmprojekte für den Einsatz der Blockchain Technologie in Wirtschaft und Verwaltung gefördert werden. Die Einrichtung einer zentralen Kompetenzstelle für Blockchain-Anwendungen in der Verwaltung wäre – bei nunmehr einigen parallel laufenden Initiativen – ein sinnvoller Schritt.
Die Bundesregierung sollte bei der Setzung von Standards noch stärker vorangehen und für Vertrauen in diesem noch jungen Markt sorgen. Ein Beispiel ist der angekündigte Aufbau eines Smart Contract Registers für die Energiewirtschaft, das auch auf weitere Sektoren ausgerollt werden sollte, oder die Schaffung akkreditierter Zertifizierungsverfahren.
Es braucht einen massiven Ausbau der Blockchain-Expertise im Hochschulbereich. Neue Lehrstühle und Kurse an der Schnittstelle Informatik und Wirtschaft müssen geschaffen werden. Blockchain muss analog zu Industrie 4.0 und KI ein IT-Fokusthema in der Forschungslandschaft werden – durch neue anwendungsbasierte Forschungscluster zwischen Industrie und Wissenschaft sowie durch entsprechend finanziell geförderte Grundlagenforschung zu technologischen und rechtlichen Herausforderungen. Außerdem muss ein eigener Blockchain-Hub bzw. ein Blockchain-Kompetenzzentrum als zentraler Ansprechpartner und Netzwerkbilder für KMUs, Startups und Großunternehmen eingerichtet werden. Hier kann das von der Landesregierung NRW geförderte Europäische Blockchain Institut in Dortmund als Beispiel dienen.