Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst trifft Klaus Müller
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Ralf Wintergerst trifft Klaus Müller

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Wintergerst: Lieber Herr Müller, erstmal vielen Dank, dass wir das Gespräch und unseren Podcast heute hier haben können. Und es ist schon fast ein bisschen ironisch, wir haben uns ja öfter getroffen, aber wir brauchen diese Situation, dass ich endlich mal meine ganzen Fragen zu Ihnen, aber auch zur Bundesnetzagentur loswerden kann. Also ich habe da viele Fragen, was ihr eigentlich so alles macht.
 

Müller: Sehr gerne, Herr Wintergerst. Sehr gerne.


Wintergerst: Aber wir fangen mal mit Ihnen persönlich an. Sie hatten verschiedene Rollen in Ihrer Karriere: Sie waren Vorstand des Bundesverbands Verbraucherzentrale, Vorstand der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Umweltminister in Schleswig-Holstein, Mitglied des Bundestages für die Grünen. Jetzt sind Sie Präsident der Bundesnetzagentur. Hat sich das so aufgebaut? War das Zufall? Was hat Sie denn gut vorbereitet auf die Rolle, die Sie jetzt haben? Weil wir kommen ja gleich dazu, was die Bundesnetzagentur macht. Deswegen bin ich neugierig, wie sich das entwickelt hat.


Müller: Wenn ich behaupten würde, dass es da einen Plan dahinter gegeben hätte, dann wäre das mächtig gelogen. Und die wenigsten Menschen können im unternehmerischen Bereich oder auch nicht, wenn sie jetzt zwischen Institutionen hin und her wechseln, etwas planen, was nachträglich wie eine tolle Karriere aussieht. Das wäre falsch. Aber was mich immer gereizt hat, war, Probleme, Herausforderungen aus verschiedenen Perspektiven zu sehen und dann auch hoffentlich noch das Vermögen mitzubringen, sich in die Rolle des anderen hineinzuversetzen. Also ja, ich bin politisch gestartet. Insofern kenne ich den Alltag von Bundestags-, Landtagsabgeordneten, weiß, wie hart und auch voll einfach deren Kalender ist. Ja, ich war lange in der Zivilgesellschaft, kenne damit auch die Herausforderungen, sich Gehör zu verschaffen, aber dann auch nicht in Populismus zu verfallen, sondern lösungsorientiert zu sein. Und aktuell darf ich mehr Dinge entscheiden, muss aber dann umgekehrt Worte auch ein bisschen vorsichtiger wägen als früher.


Wintergerst: Auf der Homepage von der Bundesnetzagentur beschreiben Sie sich mit ein paar Worten. Der erste Satz ist: „Meine herausragende Eigenschaft ist Neugier.“ Wie merkt man die, wenn man für Sie arbeitet, im tagtäglichen Leben?


Müller: Oh je, da müssen Sie wahrscheinlich meine Kolleginnen und Kollegen fragen. Aber es bedeutet, dass bei uns Rücksprachen häufig sehr diskursiv sind. Also bei uns wird nicht von der Kanzel verkündet, sondern Kolleginnen und Kollegen werden gebeten, unterschiedliche Meinungen zu thematisieren, zu hinterfragen, ist eine Behördenpraxis gut, hat die sich bewährt. Das Argument, das haben wir schon immer so gemacht, ist das schwächste in der Reihe. Das heißt, wir wollen sehen, was sind die Interessen des Marktes, was sind Erkenntnisse der Wissenschaft, wonach fragen Verbraucherinnen und Verbraucher, was ist der europarechtliche Rahmen, hat sich vielleicht im weltweiten Gefüge gerade etwas getan. Und das nicht aus den Augen zu verlieren, weil die Bundesnetzagentur ja für sehr, sehr dynamische Märkte verantwortlich ist, das ist das, was man hoffentlich als Neugierde bezeichnen kann.


Wintergerst: Schön. Also das könnte gut helfen bei der Aufgabe, wenn wir auf die Behörde eingehen. Ihre Aufgaben umfassen die Umsetzung von Klimaschutz, Energiewende und Digitalisierung, also drei richtig große Brocken, die für eine erfolgreiche Zukunft des Standorts Deutschlands entscheidend sind. Der Ausbau der Netze ist dabei Dreh- und Angelpunkt, die Bundesnetzagentur begleitet diesen Ausbau. Wir reden über fünf Netze: Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post, Eisenbahn – zum Teil größere Baustellen. Wie ist das zusammengekommen und was ist ganz genau die Aufgabe der Bundesnetzagentur?


Müller: Genau, um nicht als Klugscheißer dazustehen, aber eigentlich sind es jetzt sechs Netze, es ist das Wasserstoffnetz, was jetzt noch dazu kommt, allerdings ganz frisch. Die Bundesnetzagentur kommt aus der Postregulierung und der Telekommunikationsregulierung und wenn wir sagen, wir sind eine Regulierungsbehörde, dann meinen wir damit, dass wir auf einen früher mal monopolistischen Markt treffen, in der Regel einen staatsmonopolistischen Markt und wir wollen den Zugang von Wettbewerbern ermöglichen. Das heißt, wir regulieren den Monopolisten so, dass er nicht mehr über den Zugang, Marktbedingungen, Preise entscheiden kann, weil, kleine Einmaleins der Volkswirtschaft, in einem Monopol geht es dem Monopolisten gut und allen anderen tendenziell schlecht. Das heißt, niemand anders darf mitmischen, kein anderer darf Produkte und Dienstleistung verkaufen und Verbraucherinnen und Verbraucher, egal ob privat oder gewerblich, zahlen in der Regel Monopolpreise. Das heißt, wir wurden geschaffen, um Wettbewerb zu ermöglichen und das hat sich in den letzten Jahren immer weiter ausgedehnt, weil wir in Deutschland und Europa gesagt haben, dass es weder im Post- noch im Telekommunikations- oder Energiemarkt soll es diese Monopolisten geben.

Und wenn wir jetzt ein bisschen näher an das Aufgabenfeld des Bitkom heranrutschen: Es darf eben auch in der digitalen Welt keine Monopole, Oligopole geben oder positiv gesagt: Wir wollen dort einen fairen Wettbewerb. Wenn sich der nicht von allein herstellt, weil sie eben nicht mehrere Netze nebeneinander bauen, das ist unbezahlbar. Und so wenig sehen wir, dass es wirklich mehrere Plattformen gibt, die zumindest im gleichen Segment nebeneinander bestehen können oder zumindest haben sie’s sehr, sehr schwer.


Wintergerst: Das braucht ja einen ziemlich guten Einblick, wie der Markt funktioniert, welche Spieler dort sind, wie man Marktbedingungen schafft. Ganz praktisch: Wie lässt sich das steuern, wie geht das in der Praxis, also wie kommen Sie zur Erkenntnis und wie werden Entscheidungen getroffen? Es ist unheimlich wichtig, das ganz klarzumachen, wie so eine Entscheidung zustande kommt, weil da könnten ein paar Leute sehr aufgeregt sein, wenn sie glauben, das sind schlechte Entscheidungen.


Müller: An meinem ersten Tag in der Bundesnetzagentur hat mir mein Justiziariat mitgeteilt, das war jetzt vor drei Jahren, dass im Schnitt mehrere tausend Gerichtsverfahren gegen die BNetzA laufen. Das heißt, um Ihre Frage schon mal vorwegzunehmen: Wir müssen von Anfang an antizipieren, dass am Ende irgendjemand unzufrieden ist. Auch das liegt in der Natur einer Regulierungsbehörde, weil wir es idealerweise keinem Marktakteur komplett recht machen, sondern das finden, was man landläufig als Kompromiss bezeichnet. Und mit einem Kompromiss sind entweder alle zufrieden oder keiner. In einem Rechtsstaat hat auch jeder die Möglichkeit, und das ist auch gut so, gegen eine Behörde vorzugehen und das zu überprüfen.  

Das zurückgedacht bedeutet erstens, dass die Bundesnetzagentur mit gut 3000 Kolleginnen und Kollegen jetzt keine kleine Behörde ist. Das heißt, wir haben insbesondere Fachexpertise, wir haben Juristinnen und Juristen, Ökonominnen und Ökonomen, zunehmend Menschen aus anderen Disziplinen, die sich zum Beispiel im Datenbereich auskennen, die einen mathematischen Zugang haben, die in der Informatik groß geworden sind, also wir haben eine wahnsinnsinterdisziplinäre Belegschaft.

Zweitens, wir sind auch qua Gesetz gehalten, den Stand der Wissenschaft zu berücksichtigen. Das heißt, wir sind in einem permanenten Austausch mit Ländern, mit Stakeholdern, Verbänden, aber gerade auch vielen Lehrstühlen, Professorinnen und Professoren, Menschen, die Gutachten schreiben, wir, die die Gutachten lesen und auswerten, Unternehmen, die uns mit ihrer Fachkenntnis auch bereichern. Das heißt nicht, dass wir allen Unternehmen alles glauben, aber wir sollten jedem zuhören und immer sagen, okay, wo ist denn der Funke Wahrheit, der da drin ist, weil in der Regel widersprechen sich Unternehmen. Das Unternehmen A möchte „hü“, das Unternehmen B möchte „hott“, was vollkommen legitim ist. Beide werden einen legitimen Ansatz haben und dann treffen wir Entscheidungen. Das tut eine Behörde unserer Art in zwei Varianten. Wir sind neben dem Bundeskartellamt eine Institution, die eine gerichtsähnliche Struktur hat, das nennt sich bei uns Beschlusskammern. Das heißt, sie können im Prinzip Entscheidungen treffen, die dann wiederum anfechtbar sind, zwischen Unternehmen in der Regulierung eines Marktes. Und das andere ist eine klassische Hierarchie, die geht die Behördenleiter einmal rauf und runter oder runter und rauf, und entweder arbeiten wir dann der Bundesregierung zu oder tun das im Rahmen unserer eigenen Entscheidungskompetenzen.


Wintergerst: Wie stellen Sie sicher, dass Sie unabhängig entscheiden? Die Einflussnahme kann riesig sein, nicht nur von Unternehmen, sondern auch von politischen Playern. Das ist eine Gefahr.


Müller: Das ist unbestreitbar und einige Expertinnen und Experten, die uns zuhören, wissen, dass sie womöglich auf ein ganz unangenehmes Ereignis anspielen, weil das Präsidium der Bundesnetzagentur, das vor sechs Jahren im Amt war, hat eine Entscheidung zur letzten Mobilfunkfrequenzvergabe getroffen. Die wurde angefochten, eine der vielen Klagen, und dieser Klage wurde stattgegeben in der Härte, dass diese damalige Frequenzvergabe aufgehoben wurde und neu bestimmt werden muss von der Bundesnetzagentur, und zwar nicht aufgrund materieller Fehler, sondern weil es den bösen Schein einer Einflussnahme der damaligen Bundesregierung gegeben hat. Also insofern ist das keine feuilletonistische Frage, die Sie mir gerade gestellt haben, sondern eine, die harte materielle Auswirkungen hat und insofern sind wir erstens gehalten, unsere Entscheidungswege transparent zu machen. Das ist nicht unbürokratisch, aber es hilft vor Gericht nachzuvollziehen, warum hat sich die Behörde wie entschieden? Mit wem hat sie geredet? Welche Gutachten hat sie herangezogen? Welche Konsequenzen hat sie aus den Gutachten gezogen? Und weil inzwischen auch viele Unternehmen nach dem Informationsfreiheitsgesetz uns regelmäßig überprüfen, wissen wir, Transparenz ist der Schlüssel für vieles und, wie gesagt, vor Gericht müssen wir uns auch rechtfertigen.


Wintergerst: Eine sinnvolle Ergänzung zu dem, was Sie vorher gesagt haben. Sie müssen sehr holistisch arbeiten, interdisziplinär mit den Stakeholdern, weil das hilft natürlich der Erkenntnisfindung und dem 360-Grad-Blick. Wo kriegen Sie die ganzen Leute her? Das müssen gute Leute sein und die sucht auch die Wirtschaft.


Müller: Das ist richtig. Jetzt haben wir den kleinen Vorteil, dass wir auf der Rheinschiene sitzen. Also das Gros der Kolleginnen und Kollegen, wo wir jetzt gerade darüber reden, im Telekommunikations- und Digitalbereich sitzt in Bonn und in Mainz. Und das sind schon Regionen, wo wir eine taffe Konkurrenz haben. Also jeder weiß, wer noch in Bonn sitzt, hat die Farbe Magenta. Alle wissen, dass weitere wichtige Unternehmen mit anderen Farben auch auf der Rheinschiene sitzen. Aber es gibt einfach viele Menschen, junge Menschen, die sagen, für uns ist der Weg in eine Behörde attraktiv. Das hat was mit Sicherheit zu tun, das hat was damit zu tun, auf welcher Seite man sich engagieren möchte. Es gibt zunehmend auch Kolleginnen und Kollegen, die wechseln aus Unternehmen zu uns rüber. Das hat es im Energiebereich gegeben, das gibt es im TK-Bereich, das gibt es jetzt gerade, wenn wir Digitalkompetenzen aufbauen. Das heißt, die haben 10, 15 Jahre als Anwältin, als Data Scientist in einem Unternehmen gearbeitet und sagen, ich will gerne noch mal was Neues machen. Vor dem Hintergrund würde ich sagen, wenn ich mal die Quote vor Gericht als Erfolgsmaßstab nehme, dann sind wir gut unterwegs, auch juristisch. Und wenn man zumindest die Wertschätzung für unsere Regulierungskultur nimmt, dann hören wir mehr Lob als Kritik.


Wintergerst: Sehr schön. Einen Punkt finde ich wichtig, dieser Austausch, wenn also auch Leute von Unternehmen zu Ihnen kommen. Vielleicht noch mal umgekehrt, also das fehlt ja ein bisschen in Deutschland, dieser Austausch. Der könnte uns wahnsinnig weiterhelfen. Wenn die einzelnen Subsegmente Politik und Wissenschaft und Wirtschaft sich besser vernetzen, dann funktioniert die Volkswirtschaft besser, weil das Verständnis füreinander besser ist.  

Aber jetzt haben Sie schon viele Aufgaben und die EU-Kommission hat ja ziemlich viele digitale Gesetze, gerade in der Periode Von der Leyen I verabschiedet, den Data Act, den Data Governance Act, der AI Act, der Digital Services Act, der Digital Markets Act. Und die Bundesnetzagentur koordiniert insbesondere den Digital Services Act. Und andere Gesetze liegen wiederum bei anderen Behörden. Unternehmen wünschen sich manchmal einen Ansprechpartner. Geht das? Kann man das koordinieren? Oder wird das noch besser koordiniert in der Zukunft?


Müller: Also erst mal zu dem Anspruch, den Sie formulieren und den wir auch nicht nur von Ihnen hören – das kann jetzt das kleine KI-Startup sein, das kann das große digital geprägte Handelsunternehmen sein. Alle wünschen sich das und ich finde das richtig. Wenn ich jetzt in die letzte Bundesregierung reingehorcht habe, die ja schon in der Umsetzung dieser europäischen Rechtsakte aktiv war, aber nicht fertig geworden ist, das heißt, wir können jetzt nicht von fertigen Gesetzen reden, die hat genau versucht, dieses Prinzip zu erfüllen und zu sagen, wir schaffen innerhalb der Bundesnetzagentur eine Art Digitalagentur, die zumindest für die Plattformregulierung, der Digital Services Act, für Datenökonomie, Data Act, Data Governance Act und eben auch für die künstliche Intelligenz, also den AI Act, die koordinierende Rolle übernimmt.

Jetzt muss man umgekehrt sagen, gegen das Prinzip spricht, dass wir keine Doppelstrukturen schaffen wollen. Ich gebe Ihnen das Beispiel Banken und Versicherungen, also ein ganz, ganz wesentlicher Akteur in der Digitalisierung. Die sind mit der BaFin sehr, sehr gut im Gespräch. Soll jetzt die Bundesnetzagentur die Kompetenzen der Finanzmarktaufsicht duplizieren? Nein, natürlich nicht. Denken Sie an die Automobilindustrie, autonomes Fahren, große Chance der nächsten Jahre. Soll die Bundesnetzagentur die Kompetenzen des Kraftfahrtbundesamtes duplizieren? Mit Sicherheit nicht. Und wir haben noch Föderalismus in Deutschland.

Der Schlüssel liegt darin, dass es eine koordinierende Behörde gibt, die sowohl Richtung Europa für Einheitlichkeit sorgt, die in Deutschland für Benchmark sorgt, die vor allem einen stark beratenden Impuls hat, Richtung Behörden wie auch Richtung Unternehmen. Das wäre für mich eine Lektion aus der Datenschutzgrundverordnung. Also wie berate ich Unternehmen, dass sie rechtssicher wissen, was geht? Und dann umgekehrt den Unternehmen, dass Pontius-zu-Pilatus-Laufen abnimmt, weil das treibt Unternehmer in den Wahnsinn. Gerade wenn sie neu starten, keine Rechtsabteilung haben, dann wollen sie mit Kunden reden und nicht mit den Behörden. Und ihnen das abzunehmen, ist der Grundansatz, mit dem zumindest bisher die Bundesregierung unterwegs war. Und wir stünden auch gerne für sowas bereit.


Wintergerst: Das wäre cool. Mal zwei Ebenen höher so auf die Philosophie der Regulierung schauend: In den USA ist neu gewählt worden. Wir schauen mal, was mit der Regierung kommt. Aber die grundsätzliche Philosophie für Regulierung ist sehr libertär. Also sehr wenig, vor allem den Technologiefirmen viel Platz lassen. In Europa, aus guten Gründen, haben wir teilweise Schutzmechanismen eingebaut. Da kommt auch ein Teil der Digitalregulierung her. Aber so ein bisschen ziehen wir uns auch eine Bleiweste an. Also das Gefühl, insbesondere der Unternehmen, auch der ganzen Bitkom-Branche ist: zu viel Regulierung, das muss runter. Wie sehen Sie das insgesamt? Sie schauen ja auch aus dem Blickwinkel Verbraucherschutz drauf. Wir sind ja kurz vor dem Safer Internet Day. Da wird das nochmal hervorgehoben. Aber wie gehen wir mit diesem Konflikt um? Unsere Forderung ist natürlich: Regulierung runter und aufhören, jetzt reicht es mal. Und lass mal, was wir jetzt da haben, vernünftig tun und vor allem pragmatisch, nicht Goldplaten. Aber wie gehen wir da dauerhaft mit um? Das ist eine schwierige Kombination.


Müller: Ich würde Ihnen drei Hände reichen bei dem Thema und muss mal ganz kurz sortieren, wie ich das mit meinen zwei zurecht kriege. Aber das Erste ist: Verbraucherschutz bedeutet, dass Kundinnen und Kunden mit gutem Gewissen Geld für Dienstleistungen ausgeben sollen. Das heißt, sie sollen Dienstleistungen wertschätzen. Ihnen soll klar sein, es gibt im Internet keine Kostenlosmentalität. Das ist ein Weg, der sich nicht auszahlt. Sie sollen auch wissen, dass sie für ihr Geld eine gute Gegenleistung kriegen. Sie sollen Qualitätsunterschiede erkennen können. Es gibt Dienstleistungen, die preiswerter sind, aber andere sind vielleicht aus guten Gründen hochwertiger, haben einen höheren Preis. Das heißt, Verbraucherschutz ist von seinem Urgedanken ja Konsumentensouveränität, aber Bereitschaft, für Leistung einen Preis zu zahlen.

Der zweite Beitrag ist: Alle Gesetze, über die wir gerade geredet haben, sind nicht deutscher Herkunft oder französischer, polnischer, sondern europäischer. Und ein ganz wichtiger Impuls der Bundesnetzagentur, auch aus ihren anderen Märkten, ist, wir wollen alle diese Rechtsakte europäisch umsetzen. Sie erwähnten das Stichwort Goldplating, also das ist ein Hang, etwas 120-prozentig umzusetzen. Das ist ein Teil des Frustes. Der ist nicht im Gesetz angelegt und darf sich nicht in eine Behördenpraxis einschleichen. Es heißt aber, dass wir mehr reden müssen. Wir müssen uns von Portugal bis Estland einigen. Wir müssen gucken, was ist eine maltesisch-italienische Tradition und was ist der Blick der Skandinavier. Das dauert einfach einen Tick länger. Der Vorteil ist natürlich, dass wir dann eine europaweit einheitliche Ansage haben.

Das dritte: Wir haben uns jetzt in der Vorbereitung intensiv mit der Datenschutz-Grundverordnung auseinandergesetzt, mit der Etablierung in Deutschland. Wir reden sehr, sehr viel mit den neuen Bundesdatenschutzbeauftragten, der Kollegin Specht-Riemenschneider. Und wir fragen uns, was kann man aus den letzten Jahren lernen? Und ich habe eben schon gesagt, ein Beratungsansatz ist das, was Unternehmen brauchen. Das brauchen sie unterschiedlich, ob sie gerade Startup sind oder ein etabliertes Unternehmen mit 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Und es gibt dafür im AI Act einen Begriff, im englischen Sandbox. Das heißt, wie kann ich experimentieren? Wie kann ich etwas ausprobieren? Der Gestus ist vielleicht nicht mit der gelben-roten Karte aus dem Fußballspiel zu wählen, sondern zu sagen, wir probieren mal experimentell etwas miteinander aus, lernen iterativ daraus. Und das tun auch mehrere Behörden gemeinsam, um dem Unternehmen gegebenenfalls eine klare Ansage zu machen. Du bist mit Daten unterwegs, du handelst, produzierst, setzt KI ein. So geht das. Und mit dieser Klarheit kann ich zu meinen Investoren gehen, kann ich zu meinen Kunden gehen, kann ich woanders unterwegs sein und sagen, ich weiß hier in Europa ganz genau, was ich tue. Hohes Qualitätsniveau. Und egal, ob ich nach China oder USA gucke, ich habe hier den Rücken gerade und kann da einen Haken dran machen und muss mich weder gegen Sammelklagen wehren, was in den USA die Herausforderung ist, wenn es schiefläuft, oder aber mit staatlichen Einmischungen kämpfen, was aus China bekannt ist.  


Wintergerst: Ich nehme die Hände, die drei. Aber in einer Zeit, wo dieses Rules-Based-Trade-Modell ja etwas aufhört, hin zu einem Negotiated- oder Managed-Trade von Staaten geht, ist da dieses Modell, das alles so zu koordinieren, wettbewerbsfähig und schnell genug?


Müller: Das ist eine sehr gute Frage. Und wenn ich die jetzt ganz klar beantworten könnte, würde ich mich wahrscheinlich verheben. Zum einen ist es eine Aufgabe, letztendlich der EU-Kommission, des Europaparlamentes, des Rates über die Spielregeln zu entscheiden. Und ich bin sehr dafür, dass eine Behörde sich hier keine Rolle anmaßt, die sie schlicht nicht hat. Worauf wir achten können, ist in unserer tagtäglichen Umsetzung, das mit einem grundoptimistischen Geist zu tun. Und es ist ein wichtiger Unterschied, ob ich eine Aufsichts- oder eine Regulierungsbehörde bin. Und so sind wir gerade eingestiegen. Regulierung heißt Zugänge schaffen. Regulierung heißt Wettbewerb ermöglichen. Regulierung muss heißen, es europäisch einheitlich zu tun und kommunikativ so, dass ich ein Dienstleister bin für diejenigen, die was ermöglichen wollen. Und ja, ich bin natürlich auch derjenige, der eine Grenze setzt, wenn jemand eine gesetzliche Grenze überschreitet. Auch das gehört mit dazu. Es ist aber das letzte in einer langen Reihenfolge. Und es bedeutet, Dinge zu ermöglichen, egal ob es jetzt KI, datengetriebene Geschäftsmodelle oder Plattformen sind, auf denen wir kommunizieren oder einkaufen.


Wintergerst: Ich gehe mal wieder zwei Ebenen runter auf was ganz Praktisches: Produktsicherheit bei Online-Händlern. Da gilt es, Produktsicherheit zu gewährleisten. Viel in der Diskussion ist der Online-Marktplatz Temu. Was kann denn da so eine Bundesnetzagentur tun? Kontrolliert man das? Geht ihr da rein? Sperrt ihr das zu, wenn das nicht gut läuft? Wie ist das in der Praxis?


Müller: Ganz genau, also das betrifft jetzt nicht nur Temu oder Shein. Das betrifft alle. Es gibt einen großen Vorteil im Online-Handel im Vergleich zum klassischen stationären Handel, weil ich dort als Behörde ein vierstufiges System habe. Genauso arbeitet die Bundesnetzagentur heute schon. Ganz konkret, bei uns sitzen Kolleginnen und Kollegen an den Bildschirmen und gucken sich die Online-Marktplätze an und gucken ganz simpel, ob die Transparenzvorschriften, die es gibt, ob die Sicherheitskennzeichnungen erkennbar sind, ob das vernünftig gemacht ist, gesetzeskonform.

Zweitens, wir können, wenn wir hier einen Zweifel haben, das Unternehmen bitten, uns zum Beispiel Konformitätsbestätigungen zu schicken. Also wenn wir im Bereich von Haushaltsgeräten sind: Ist das Ding elektrisch sicher? Oder wenn ich meinen Toast toaste oder im Airfryer meine Schnitzel brutzle, kriege ich einen Schlag? Ist so ein Gerät technisch sicher? Das kann man kommunikativ hinkriegen.

Wenn wir dann merken, oh, das überzeugt uns nicht ganz, dann haben wir noch eine dritte Stufe. Wir können das Unternehmen bitten, uns ein Produkt zuzusenden. Dann testen wir das in einem Labor. Und wenn wir merken, oh, da zögert einer, das macht einen schon immer misstrauisch, dann können wir natürlich durch anonyme Testkäufe etwas überprüfen, so wie man das von der Stiftung Warentest kennt. Also wir haben sogar vier Stufen, in denen wir hier unterwegs sein können. Das tun wir schon. Das können wir jetzt unter dem Digital Service Act auch noch etwas stärker tun.  

Wenn wir dann merken, es gibt ein systemisches Problem, dann sagt die Europäische Regulierung für diese großen Plattformen ist aus guten Gründen nicht der nationale, also nicht der irische, der französische, der deutsche Regulierer zuständig, sondern dann ist das Europa, die Europäische Kommission. Und darum sind die Verfahren, die Sie gerade erwähnten, auch welche, die die Europäische Kommission angestrengt hat. Aber ja, unter Zuarbeit der Bundesnetzagentur und unserer 26 Kolleginnen und Kollegen in anderen Ländern.


Wintergerst: Spannend. Wie ist dann die Zusammenarbeit mit Brüssel? Gibt es da eine Art Hauptstelle und ihr koordiniert euch alle zusammen?


Müller: Ja, ganz genau. Also es gibt erstens ein Board, also eine Art Verwaltungsrat. Das ist eine Zusammenkunft der 27 Regulierungsbehörden mit der EU-Kommission, wo in einer sehr, sehr engen Taktung die europäischen Vorhaben besprochen werden, aber auch nationale Probleme vorgetragen werden. Ich gebe ein Beispiel. Vor einigen Monaten hatte TikTok die Idee eines neuen Geschäftsmodells. TikTok Lite hieß das, wo es ein Intensivierungssystem für Minderjährige gegeben hätte, um länger auf der Plattform zu sein. Das wäre monetarisiert worden. Das hat nach Aufsicht der französischen und spanischen Kollegen dem DSA widersprochen. Da hat die EU-Kommission mit TikTok geredet und der Vorteil war, es wurde dann gar nicht erst eingeführt, weil es Jugendschutzbedenken und Verstöße gegeben hätte. Also das ist die erste Ebene.  

Die zweite Ebene ist eine sehr kollegiale. Die meisten digitalen Servicekoordinatoren haben früher TK-Regulierung gemacht, sprich man kennt sich und es gibt enge Achsen zwischen Bonn und Paris, mit Dublin, mit den Kollegen in Holland, in Polen. Also dann gibt es auch viel bilateralen, trilateralen Austausch, um mal zu sagen, hey, wie löst ihr das? Und da muss man sich das kollegial vorstellen als ein gutes Miteinander. Da hilft man sich gegenseitig.


Wintergerst: Das ist gut zu hören. Die Kooperation in Europa, die braucht es wirklich, weil wir müssen geschlossen sein, wir müssen zusammenarbeiten. Wir haben auf dem Weg vorwärts nur eine Chance, das ist Europa. Das müssen wir hinkriegen.


Müller: Das war die zweite ausgestreckte Hand. Wenn wir versuchen, das national zu denken, ist es erstens aufwendig, wird scheitern und ist für alle eine Qual.


Wintergerst: Sie hatten vorhin schon die Frequenzvergabe in der Vergangenheit angesprochen. Das steht ja auch auf der Agenda für 2025, die Neuzuteilung. Und es soll ja das Nutzungsrecht verlängert werden und nicht versteigert werden. Im Gegenzug will man aber auch etwas von den Netzbetreibern. Was ist der Ansatz, der jetzt gerade gefahren wird auf dem Weg vorwärts? Was soll erreicht werden mit diesem Vorgehen?


Müller: Ja, das ist in der Tat ein großes Projekt. Ich gebe zu, ich hätte es mir schon gerne Ende letzten Jahres abgeschlossen gewünscht, aber da ist uns das eben erwähnte Urteil reingekommen und wir sehen gerade auch einen ganz großen Gesprächsbedarf aus der Branche. Das gehört auch mit dazu. Dem wollen und müssen wir natürlich auch gerecht werden. Die Idee ist relativ einfach. Wir haben uns den TK-Markt angeguckt und sehen, dass in fünf Jahren eine ganz große Menge an Frequenzspektren auf einmal fällig wird. Und das ist etwas, was sowohl von Seiten der Regulierungsbehörde, aber auch von Seiten der Unternehmen attraktiv ist, wenn viele Frequenzen auf einmal synchronisiert vergeben werden können. Das macht sehr, sehr viel Sinn. Darum haben wir gesagt, wir treffen jetzt eine Art Übergangsentscheidung. Und da wählen wir nicht den klassischen Weg der Auktionen, die man aus den Medien kennt. Hans Eichel war da mal ganz glücklich früher drüber. Sondern wir sagen: Wir verlängern, aber wir wollen zwei Dinge erreichen.

Wir wollen, einen stärkeren Wettbewerb. Deutschland hat klassischerweise drei Netzbetreiber. Wir sehen von unseren Marktanalysen, dass Deutschland einen vierten Netzbetreiber gut vertragen würde. Und den gibt es ja auch. Und insofern wollen wir ihm einen Weg in den Markt geben. Und da das nicht ganz von allein geht, die anderen drei Netzbetreiber auch nicht nur Juhu rufen. Wer freut sich schon, wenn mehr Konkurrenz unterwegs ist? Darum gibt es dafür bestimmte Regeln, wie wir diesem vierten Netzbetreiber eine Chance geben.

Zweitens, wir sehen Defizite im ländlichen Raum. In Berlin, in Köln, in Frankfurt, in München ist das mit den Netzproblemen überschaubar. Aber im ländlichen Raum ist das anders. Und darum hat die Bundesnetzagentur jetzt konsultiert, eine neue Auflage, nämlich nicht nur nach Pro-Kopf- oder Haushalt bestimmte Bedingungen zu knüpfen, sondern zu sagen, wir wollen, dass 99,5 Prozent der deutschen Fläche mit einem bestimmten Qualitätsniveau versorgt wird. Verkehrswege bis zu Kreisstraßen. Und wir tun das jetzt nicht, um jemanden zu ärgern, sondern weil wir in der Agrarwirtschaft sehen, dass es ohne Digitalisierung nicht funktioniert.

Ich erwähnte eben das autonome Fahren. Kein Mensch kauft sich autonomes Fahren, wenn das nur auf der Autobahn, auf der Landstraße funktioniert. Aber auf der Kreisstraße wäre Schluss. Was wäre los, wenn sie nur in Hamburg autonom fahren könnten, aber in Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein oder Niedersachsen nicht? Das heißt, wir wollen die Mobilfunkerreichbarkeit auf hohem qualitativen Niveau in ganz Deutschland. Da sind wir jetzt in den letzten Zügen. Die Konsultation ist abgeschlossen, wird ausgewertet und unser Ziel ist sehr, sehr zeitnah zu entscheiden, damit auch investiert werden kann.


Wintergerst: Aber müsste man die Netze nicht europäisch denken? Also ich verstehe den Ansatz, dass wir vier in Deutschland haben. Deutschland ist ja für Europa groß, aber in der Welt dann doch klein. Und wenn wir Großmärkte wie die USA, wo die großen Infrastrukturen sind, die großen Data-Center-Betreiber, wenige Netzbetreiber mit hoher Abdeckung. Fünf starke Europäer oder sechs würden ja reichen.


Müller: Es gibt aber etwa 25, 30 Unternehmen, die in Europa unterwegs sind. Wenn Sie die fragen, ist die Bereitschaft, sich auf fünf zu einigen oder sogar nur drei oder vier, überschaubar. Das heißt, es kommt schlicht darauf an, wen Sie fragen. Wenn Sie die fragen, die eine Chance hätte, diese europäischen Champions zu sein, dann würden die sagen, Tschakka, schlage ich ein und von Portugal bis Griechenland, ich mache das Netz. Das ist aber nicht die Unternehmenslandschaft, die Sie in Europa haben. Insofern ist es die Frage, wie viel Wettbewerb wollen wir zulassen. Ich will mir darüber kein Urteil anmaßen. Ich weiß nicht, ob wir mit drei Unternehmen in Europa besser fahren oder mit 30. Insofern kann ich nur ein diskriminierungsfreies System aufsetzen, was das ermöglicht. Ich kann jedem eine faire Chance geben, entweder als Netzbetreiber oder aber als Dienstleistungsanbieter mit unterwegs zu sein. Und dann wird das ein Stück weit der Markt entscheiden. Kein Unternehmen ist daran gehindert, sich schon jetzt auf alle Frequenzen zu bewerben. Ich gebe zu, das wäre ein gewisser Aufwand. Allerdings sind die Herausforderungen in Schweden andere, als sie in Luxemburg sind. Und insofern ist es eine politische Entscheidung. Würden die jeweiligen Regierungen sich da einreihen oder sagen, naja, im ländlichen skandinavischen Bereich brauche ich was anderes, als wenn ich jetzt Luxemburger, Österreicher oder jemand in Mitteleuropa bin.


Wintergerst: Ja, die europäische Vielfalt fällt uns immer wieder auf die Füße. Das müssen wir sehen. Ich hätte noch so eine Frage, noch mal zu Ihnen zurück – so als letzte Frage, ein Ausblick. Jetzt haben Sie viele Rollen durchlaufen, sind eine Bundesnetzagentur. Sie haben viele Stellen gesehen, die Defizite, aber auch die positiven Dinge. Wir sind ja nicht nur negativ zu betrachten. Wir haben auch Dinge, die wir auf die Reihe kriegen. Wenn Sie eine Vision für Deutschland, für eine digitale Transformation, für die Gesellschaft schreiben könnten, hätten Sie ein paar Eckpunkte, die Sie uns geben könnten? Das muss jetzt nicht schön ausgemalt sein, aber was wären Punkte, die Ihnen am Herzen liegen würden?


Müller: Also ich kann das auf zwei Punkte zuspitzen. Und oh Wunder, es hat auch ein wenig was mit der eigenen Verantwortung zu tun: eher an die eigene Nase fassen, als jetzt bei anderen suchen. Das eine ist, Deutschland steht vor der großen Herausforderung, seine Hardware zu optimieren. Wir sind lange mit dem optimierten Kupferkabel, mit dem Vectoring ordentlich gefahren. Dass das zukunftsfähig sein würde, unterschreibt niemand mehr. Das heißt, wir kommen hier von einem hinteren Platz im europäischen Wettlauf. Aber wir sind als Bundesnetzagentur mit dem marktaktiven Teilnehmern gerade dabei, zu klären, wie kann die Kupfer-Glasfaser-Migration schnell, kundenfreundlich, erfolgreich, ökonomisch sinnvoll und wettbewerbsfreundlich aufs Gleis gesetzt werden. Eine Menge können wir selbst, über ein paar Dinge muss der Gesetzgeber entscheiden. Wir brauchen in den nächsten zwei, drei Jahren jetzt den Schlussspurt, damit Deutschland nicht mehr auf einem der hintersten Plätze liegt, weil diese Hardware über viele Geschäftsmodelle entscheidet.

Das Zweite ist, ich sehe in den KI-Anwendungen, die angeboten werden oder am Horizont erkennbar sind, sei es im medizinischen Bereich, sei es im Logistik-Mobilitätsbereich, sei es auch im E-Commerce-Bereich, im versicherungs-mathematischen Bereich, Banken etc. Ich sehe ganz, ganz viele Chancen. Und wenn ich in die verschiedenen Statistiken gucke, dann sehe ich, wie Sie gerade andeuteten, im universitären Bereich, da ist Deutschland nicht schlecht. Auch im Patente-Bereich sind wir gar nicht so schlecht. Aber es muss in die Praxis überführt werden. Das ist erstmal eine Herausforderung für Unternehmen. Da muss sich so ein Unternehmer, der vielleicht schon etwas älter ist, auch überwinden, um zu sagen, jo, auch bei mir ändert sich was.

Aber Politik oder Behörden haben eine Aufgabe, eine Bringschuld zu sagen, ich mache euch das leicht. Das ist eine kommunikative Aufgabe gegenüber den Medien, ein Dialog mit Zivilgesellschaft und den Menschen das Vertrauen zu geben, dass vertrauenswürdige, künstliche Intelligenz ein Schlüssel für Wohlstand, Bequemlichkeit, Fantasie und Kreativität ist, auch für Wettbewerbsfähigkeit an der Stelle. Wenn es uns gelingt, das als Bundesnetzagentur gemeinsam mit vielen anderen Behörden gut, einfach, unbürokratisch voranzubringen und irgendwann mal ein Unternehmer sagt, boah, das war alles ganz einfach oder zumindest nicht so schwer, wie ich gedacht habe. Dann kann uns das einen Schub geben, den Deutschland dringend braucht, den sich viele Menschen für ein besseres Leben wünschen. Und wenn damit auch jemand Geld verdient, super. Das ist das, wozu wir beitragen können. Zwei Dinge. Es gibt sicherlich noch 20 weitere, aber die beiden würde ich ins Schaufenster stellen.  


Wintergerst: Aber die sind schön griffig. Nummer eins in dem Ausbau der Digitalnetze, also 5G, Breitband und Glasfaser unter Ablösung der Altnetze. Und wir sollen die Nummer eins anstreben im DESI-Index, das wäre schon mal was. Den anderen Punkt, diese Adaption, das Anwenden von KI, müssen wir auch aus demografischen Gründen angehen. Sonst kommen wir da an anderen Punkten ein wenig zu kurz, weil das ist der Antrieb, der uns da dazu führen könnte.  

Lieber Herr Müller, vielen herzlichen Dank für das Gespräch. Ich glaube, wir könnten noch so weitermachen. Ich wünsche Ihnen alles, alles Gute, nicht nur für das laufende Jahr, sondern auch für die kommenden Jahre. Und uns beiden wünsche ich einen guten Erfolg mit dem Voranschreiten im digitalen, erfolgreichen Deutschland und Europa. Vielen herzlichen Dank.


Müller: Herr Wintergerst, ich danke Ihnen ganz herzlich.