Gastbeitrag von Judith Schmid (Dentons)
Es geht um das böse Wort mit I: Insolvenz. Kein Unternehmen möchte mit dieser Situation konfrontiert sein. Dennoch sollte jeder Geschäftsführer und Gesellschafter ein paar grundsätzliche Dinge zum Thema Insolvenz wissen. In dieser Ausgabe werden daher einige wissenswerte Basics vorgestellt:
Startups sind häufig in finanziell angespannten Situationen, da sie auf eine weitere Finanzierung durch Gesellschafter oder Dritte angewiesen sind, um zu überleben. Nicht jede finanziell angespannte Situation ist sofort eine Insolvenz. Sind jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt, dann gelten alle Regelungen des Insolvenzrechts auch für ein Startup. Daher sollten auch Geschäftsführung und Gesellschafter von Startups die Basics des Insolvenzrechtes kennen, um sicher durch eine Krise zu navigieren.
Unsere Expertin für Insolvenzrecht Judith Schmid gibt im Folgenden einen Einblick, welche Insolvenzszenarien es gibt, wie man eine drohende Insolvenz überwacht und erkennt und worauf man achten muss, wenn die Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist.
Was ist eine Insolvenz?
Eine Insolvenz ist eine finanzielle Krise, die bestimmte rechtliche Bedingungen erfüllt. Sie tritt für haftungsbeschränkte Gesellschaftsformen (GmbHs, UGs etc.) ein, wenn die Gesellschaft entweder zahlungsunfähig, drohend zahlungsunfähig oder überschuldet ist.
Warum ist das für die Geschäftsführung relevant?
Liegt eine Zahlungsunfähigkeit oder eine Überschuldung vor (sog. Insolvenzreife), ist die Geschäftsführung verpflichtet unverzüglich, spätestens jedoch nach drei bzw. sechs Wochen einen Insolvenzantrag zu stellen. Lediglich bei einer vorliegenden drohenden Zahlungsunfähigkeit besteht keine Antragspflicht sondern ein Antragsrecht.
Wird trotz vorliegender Insolvenzreife kein Insolvenzantrag gestellt, kann dies für die Geschäftsführung selbst gravierende Folgen haben. Hier drohen nicht nur strafrechtliche Konsequenzen (z.B. wegen Insolvenzverschleppung), sondern auch der Verlust der Fähigkeit, in den nächsten fünf Jahren das Amt des Geschäftsführers bzw. der Geschäftsführerin zu bekleiden.
Daneben bestehen für die Geschäftsführung auch finanzielle Risiken. Ab Eintritt der Insolvenzreife gelten besondere Bestimmungen für Zahlungen. Die Gesellschaft darf nur noch Zahlungen vornehmen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar sind. Hier kommt es auf den Einzelfall an, ob dieses Kriterium erfüllt ist. Für Zahlungen, die diese Vorgaben nicht erfüllen, haftet der Geschäftsführer persönlich und muss diese Zahlungen im Rahmen einer späteren Insolvenz an die Gesellschaft erstatten.
Was passiert in einer Insolvenz?
Der Blickwinkel auf das Unternehmen ändert sich. Im Fokus steht nun die bestmögliche Gläubigerbefriedigung. Das bedeutet allerdings nicht, dass zwingend der Betrieb eingestellt werden muss und das Unternehmen abgewickelt wird. Es geht auch hier um eine wirtschaftliche Betrachtung: Wie lässt sich der Wert des Unternehmens am besten für die Gläubiger verwerten?
Der Verkauf des Unternehmens als Ganzes bzw. der Einstieg eines Investors kann dabei der beste Weg sein, den Wert des Unternehmens zugunsten der Gläubiger zu realisieren. Auch hier geht es allerdings darum, das Unternehmen an den Investor zu verkaufen, der den besten Kaufpreis zahlt. Gesellschafter können in diesem Zusammenhang Angebote abgeben. Sie werden allerdings nicht bevorzugt behandelt, sondern müssen sich mit allen anderen Angeboten messen.
Ein entsprechender Verkaufsprozess setzt voraus, dass noch ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu bezahlen (u.a. Gerichtskosten und Kosten für den Insolvenzverwalter) und den Geschäftsbetrieb bis zur Veräußerung fortzuführen. Ist das nicht der Fall, bleibt nur die Einstellung des Geschäftsbetriebes und die Abwicklung.
Wie kann man sich bestmöglich auf eine Krise vorbereiten?
Um eine Krise rechtzeitig abwenden zu können oder jedenfalls bestmöglich gestalten zu können, ist es wichtig, die Krise rechtzeitig zu erkennen. Hierfür ist es wichtig, sowohl eine kurzfristige Liquiditätsplanung (13 Wochen Planung) und eine langfristige Finanzplanung (idealerweise für 14 Monate) aufzustellen und regelmäßig zu aktualisieren. So lassen sich die Zahlungsunfähigkeit und auch die Überschuldung frühzeitig erkennen.
Entsprechende Planungen dürfen dabei nicht nur den gewünschten Best Case abbilden, sondern müssen den Fall abbilden, der nach den gegebenen Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Das gilt nicht nur für die Entwicklung des operativen Geschäfts sondern auch für benötigte Finanzierungen (z.B. durch Gesellschafter).
Droht die Krise, ist entschlossenes Handeln gefragt. Nur wer mit einem gewissen finanziellen Polster starten kann, kann ein Insolvenzverfahren bestmöglich mitgestalten und so das Unternehmen durch die Krise führen.
Eine rechtzeitige Kommunikation mit finanzierenden Gesellschaftern zu Sanierungsmaßnahmen oder weiterer Finanzierung ist wichtig. Gesellschafter können entscheidende Beiträge leisten, die allerdings für die Geschäftsführung nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie ein gewisses Maß an Verbindlichkeit aufweisen.
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