Immer häufiger geistert das Wort Digital Supply Chain durch die Medien. Dabei ist der Begriff alles andere als neu oder gar Zukunftsutopie.
Digital Supply Chain lässt sich frei als digitale Lieferkette übersetzen. Das bedeutet, dass alle Schritte im Logistikprozess automatisiert und digitalisiert stattfinden. Wenn ein Produkt gefertigt und an den Spediteur am Werktor übergeben wird, beginnt eine Reise über viele Stationen und oft Länder hinweg zum Endkunden. Das Besondere dabei ist, dass viele Logistikunternehmen ihre internen Betriebsabläufe schon digital gestalten, allerdings wenig Ganzheitlichkeit im Gesamtprozess herrscht. Zum Beispiel sind die Übergabepunkte und Schnittstellen zwischen Unternehmen nicht digitalisiert, sodass eine Datenweitergabe erschwert wird. Wer das Ziel hat, eine Digital Supply Chain aufzubauen, will also ganzheitlich jeden Prozessschritt in der gesamten Lieferkette digitalisieren, transparenter machen und miteinander verknüpfen.
An einer Digital Supply Chain hat erstmal jeder Interesse, der irgendwie am Logistikprozess beteiligt ist:
Endkundinnen und –kunden können im Idealfall jederzeit sehen, wo sich ihre Lieferung gerade befindet und wer daran beteiligt ist. Dabei haben sie Einsicht in mögliche Probleme beim Versand und werden in Echtzeit und transparent über Verzögerungen informiert. Logistikunternehmen hingegen haben Planungssicherheit und können ihre Prozesse über schnellere und effizientere Datenübertragungen optimieren. Mit mehr Daten können auch Schwachstellen oder ineffiziente Prozesse in der Logistik aufgedeckt werden. Auch die Politik und Behörden von digitalisierten Abläufen. Sie können transparent die regulativ-relevanten Daten zu einem Versand digital erhalten. Gerade Logistiker müssen heute noch Papiere händisch bei staatlichen Institutionen einreichen, was die Lieferkette verzögert. Das würde wegfallen. Zuletzt haben wir alle etwas von einer Digital Supply Chain: Denn ein papierloser und emissionsärmerer Versand trägt einen wichtigen Teil zum Klimaschutz bei.
Bisher herrschte in der Logistik vielfach noch ein Silodenken. Unternehmen fokussierten sich oftmals auf ihre internen Abläufe und kümmerten sich weniger um die Ganzheitlichkeit der Lieferkette. Das ändert sich aktuell und die Bereitschaft, Kooperationen einzugehen, nimmt rasant zu. Dabei tauchen aber andere Probleme auf: Welche Daten können und wollen Unternehmen miteinander teilen? Wie weit gewährt man externen Playern wie Behörden Einblick in interne Abläufe? Diese Fragen müssen in Zukunft mindestens noch geklärt werden. Aber auch Fragen zur Qualität und Sicherheit der Daten sind noch zu beantworten. Einige Dokumente liegen noch nicht rein digital vor oder werden von Behörden nicht in digitaler Form akzeptiert. Gerade Behörden sind noch nicht für digitale Abläufe vorbereitet. Ein großes Problem ist außerdem, dass international verschiedene Standards in der Logistik gelten. Ohne einheitliche Regelungen und Standards gibt es einen hohen Koordinierungsaufwand um alle Informationen sinnvoll zu clustern und lesbar bereit zu stellen. Zuletzt gibt es ganz praktische Probleme. Wenn eine Sendung auf hoher See von Europa nach Amerika unterwegs ist, besteht oftmals kein Empfang und es können keine Daten generiert werden. Die Vernetzung aller Transportwege steht somit ganz praktisch am Anfang der Digital Supply Chain.
Der Vorteil des Arbeitskreises E-Logistics & Digital Supply Chain ist, dass sich nicht nur Logistikunternehmen untereinander, sondern gemeinsam mit der IT-Industrie und Beratungsunternehmen austauschen. So haben wir Expertengruppen gebildet, die eine ganzheitliche und vollständig digitalisierte Lieferkette aus ihrer Sicht anhand eines konkreten Versands vorbereiten konnten. Logistiker haben Einblicke in ihre Abläufe gewährt und die angefallenen Daten mit der Gruppe geteilt. Die Technologiegruppe im Gegenzug stellte die gemeinsame Schnittstelle zur Verfügung und sorgte für die Kuratierung und Auswertung der angefallenen Daten. Um unsere Prozesse zu strukturieren und die Lieferkette vorherzusagen organisierte und plante die Beratungsgruppe den Transportprozess. Nach dem Versand haben wir ein Fazit gezogen und unsere Kernfrage beantwortet: Wie digital kann eine Lieferkette schon sein? Das Positive: Wir stehen in vielen Bereichen schon gut, bzw. digital da, es lagen weitestgehend digitale Frachtpapiere und –dokumente vor. Dennoch konnten wir einiges an Digitalisierungspotenzial erkennen, um eine Digital Supply Chain noch effizienter zu gestalten.