Eine zeitgemäße und zukunftsorientierte, technologische Infrastruktur ist die Basis für die erfolgreiche Digitalisierung des Bildungswesens. Sie ist das Mittel zum Zweck, um den Lernenden digitale Kompetenzen zu vermitteln und sie dadurch in die Lage zu versetzen, die Zukunft aktiv mitzugestalten.
Damit sich Schulen auf ihre Kernaufgabe - Unterricht und pädagogische Betreuung - konzentrieren können, sollte die Basis-Infrastruktur möglichst einfach, bundesweit standardisiert und zentralisiert aufgebaut werden.
Standardisierung bedeutet vorhandene, funktionierende und erprobte Lösungen einzusetzen. Dabei lassen sich drei Arten der Standardisierung voneinander unterscheiden:
Ein Großteil der Infrastruktur ist bisher nicht schulspezifisch aufgebaut. Natürlich ist es etwa für die Funktionalität eines WLAN-Routers nicht entscheidend, ob er in einem Büro oder in einem Klassenraum hängt. Dennoch braucht es Anpassungen an die speziellen Anforderungen des Bildungsbereiches. Diese sind aber stark anwenderbezogen und beschäftigen sich nicht mit der technologischen Grundlage.
Ziel und Zweck einer standardisierten Infrastruktur im Bildungsbereich ist es daher schnell, günstig und effizient die Basis zu schaffen. Somit kann auf einem stabilen und funktionalen technologischen Fundament Digitalität, also das soziale und kulturelle Bewegen in einer digitalen Umgebung, entstehen. Standardisierung ist hierbei nicht so zu verstehen, dass künftig alle Schülerinnen und Schüler Endgeräte des gleichen Herstellers haben sollen. Vielmehr bedarf es eines einheitlichen Konzepts zu einem Mindestmaß an technischer Ausstattung.[1]
Um den jeweils passenden Standard zu wählen und interoperable Infrastruktur zu gewährleisten, sollten daher größere Einheiten als die einzelne Schule betrachtet werden insbesondere die Schulträger-Ebene, kommunale Rechenzentren und die IT-Dienstleister der Länder und Kommunen.
Darüber hinaus bietet eine standardisierte Infrastruktur noch weitere Vorteile:
[1] Eine Übersicht zu aktuellen technischen Anforderungen für die schulische IT-Ausstattung bietet folgender Leitfaden: Hardware produktneutral ausschreiben für den Schulbereich (itk-beschaffung.de)
Teil der Infrastruktur ist nicht nur das Klassenzimmer und die dort eingesetzten Endgeräte. Zur Infrastruktur zählen allgemein alle Orte, an denen gelernt wird – wie Gemeinschaftsräume, öffentliche oder virtuelle Räume und das jeweilige Zuhause. Diese Lernorte sollten bereits heute aufgrund zukünftiger Potenziale mitbetrachtet werden. Die Infrastruktur muss also in der Lage sein, die Szenarien “Präsenzunterricht”, “Hybrid-Unterricht” und “Home-Schooling” optimal abzubilden.
Bestenfalls sollte die Infrastruktur inklusive der Endgeräte so aufgebaut sein, dass die Lernqualität an allen Lernorten und in allen Szenarien gleich hoch ist. Dazu bedarf es folgender Voraussetzungen:
Um eine standardisierte Infrastruktur zu implementieren, bedarf es entsprechender Rahmenbedingungen. Zentral ist hierbei eine bundesweite Verständigung auf einen Mindeststandard des Digitalisierungsgrades einer Schule, die die Strategie, die Architektur, Anwendungsszenarien und Messbarkeit umfasst.
So muss künftig ein flächendeckendes WLAN-Netzwerk zur Ausstattung einer jeden Schule gehören. Zudem gilt es, folgende Punkte zu beachten:
Die Digitalisierung des Bildungswesens verursacht einen enormen finanziellen Aufwand, der wiederkehrend auftritt. Das Ziel eine neue Lernkultur zu implementieren, kann nur auf Basis einer standardisierten und möglichst zentralisierten Infrastruktur gelingen.
Allein bei der Anschaffung von Endgeräten für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, das passende Zubehör und die Verwaltung dieser, entsteht ein Investitionsvolumen von mehreren Milliarden Euro. Außerdem müssen die Endgeräte alle drei bis vier Jahre erneuert werden. Hinzu kommen die Kosten für die restliche Infrastruktur. (Ausgehend von einem Wert je Endgerät, Zubehör und Verwaltung von ca. 500 Euro).
Für eine erfolgreiche, langfristige und nachhaltige Digitalisierung muss die Finanzierung transparent und planbar gesichert sein.
Dazu sind folgende Fragen administrativ und seitens des Gesetzgebers zu klären:
Nur durch langfristige Klarheit bei der Finanzierung und sinnvolle Förderungen entsteht Planbarkeit für alle Beteiligten. Durch kosteneffizientes Handeln können somit Budgets für die Förderung der Digitalität verwendet werden. Darüber hinaus muss es das Ziel der Finanzierung sein, dass jeder und jede Zugang zu den neuen digitalen Lehrmitteln und Methoden hat. Das ist Voraussetzung für Bildungsgerechtigkeit.
Ein weiterer zentraler Punkt für das Gelingen eines erfolgreichen Infrastrukturaufbaus ist “Success Management”. Success Management im Bildungsbereich ist ein Prozess, der die gesamte Transformation der Infrastruktur Ende-zu-Ende begleitet, dabei alle relevanten Anwenderinnen und Anwender involviert und sowohl technische als auch pädagogische Aspekte betrachtet.
Erfahrungsgemäß werden aktuell einige große Digitalisierungsprojekte und die Förderung neuer pädagogischer Methoden getrennt betrachtet. Das führt oftmals zu einer Trennung der klassischen IT-Verantwortlichen und dem Lehrpersonal. Um zu verhindern, dass Technologie bereitgestellt wird, die nicht den Anforderungen der Nutzenden entspricht, ist es wichtig, dass diese Trennung durch intensive Kommunikation überwunden wird. Denn nur, wenn die Technologie von den Anwenderinnen und Anwendern akzeptiert und gerne genutzt wird, werden die hohen Investitionen zum gewünschten Ziel führen.
Das Ziel muss es deshalb sein, dass Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler zufrieden mit der neuen Technologie und den neuen Möglichkeiten sind, diese einfach und integrativ anwenden können und damit die Art und Weise des Lernens nachhaltig verändert werden kann. Um das zu erreichen, braucht es eine strukturierte Gesamtbetrachtung des Digitalisierungsprozesses mit vielen Bausteinen wie z.B. Roll-Out Planung, initiales Training der Anwenderinnen und Anwender, Kommunikationsplan, unterstützenden Kommunikationsmedien wie Portalen oder Selbst-Lern-Angeboten, Aufbau von Betreuungsstruktur, Definition und Messung von Erfolgskriterien und Vermittlung von neuen didaktischen und pädagogischen Methoden.
Es bedarf eines gemeinsamen Verständnisses der prioritären Einordnung des Themas Infrastruktur mit dem klaren Fokus der Akteure auf ihre jeweiligen Kernkompetenzen. Außerdem muss das Bewusstsein gestärkt werden, dass Digitalisierung und Digitalität zusammengehören, um langfristig erfolgreich zu sein.
Es sollte nicht Aufgabe jeder einzelnen Schule sein, ein eigenes Konzept für die IT-Infrastruktur zu entwickeln. Dies gilt in abgeschwächter Form auch für pädagogische und didaktische Inhalte, die auf der Infrastruktur aufbauen. Insbesondere hier sollte Konsens über Entscheidungskompetenzen aller Akteure gefunden werden, damit sich die Lernkultur flächendeckend und nachhaltig verändern kann.