Die Welt und ihre Anforderungen ändern sich in rasanter Geschwindigkeit. Entsprechend muss sich auch die Hochschullehre anpassen, innovationsfähig bleiben und gute Lehr-Lern-Bedingungen schaffen. Zwar können Kurse verhältnismäßig schnell an die aktuellen technologischen Entwicklungen angepasst werden, es sollte aber kein alleiniger Fokus auf die rein technischen Aspekte der Digitalisierung gelegt werden. Denn wichtig ist auch, die digitalen Möglichkeiten strukturell in die Lehre zu integrieren, um ihre Potenziale ausreichend zu nutzen. So ist die Entwicklung adäquater Lehrinhalte und –konzepte mit wesentlich mehr Aufwand verbunden und stellt eine hohe Einstiegshürde dar. Angesichts des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels ist es jedoch entscheidend, auch die Umgestaltung der Lehr- und Lernkultur voranzutreiben und den Weg von einer reinen Wissensvermittlung hin zu einer Kompetenzvermittlung zu beschreiten.
Dafür ist ein neues Verständnis von Lernen und Wissenstransfer notwendig. Lehre soll inspirieren, praxisnah, forschungs- sowie handlungs- und kompetenzorientiert sein. Es ist wichtig, didaktische Konzepte und Inhalte zu erarbeiten, bei denen Gruppenarbeit und das praktische Anwenden von vermitteltem Wissen sinnvoll in die Wissensvermittlung integriert sind. Peer-Assessment, Einbindung von virtuellen Laboren, die Nutzung von Programmierplattformen wie JupyterNotebooks werden wichtige Bausteine abwechslungsreicher digitaler Lernangebote. Der Einsatz solcher digitalen Mittel in der Lehre kann helfen, passende Inhalte gut und zielgruppenorientiert aufzubereiten und zudem zusätzliche Unterstützung für die Studierenden während des Selbststudiums bieten. Sie haben so auch die Chance, eigenverantwortlich, selbstgesteuert und individuell neue Themenfelder zu erschließen. Denn digitale Mittel bieten neue Möglichkeiten für die Lehre und können diese erweitern. So können dank digitaler Mittel neben den klassischen, ortsgebundenen und synchronen Lehrveranstaltungen auch asynchrone Lernphase in die Vorlesungs- und Seminarpläne integriert werden. Über das hochschulinterne Lernmanagement-System könnten etwa vorproduzierte Kurzvideos, Texte oder Podcasts mit den Studierenden geteilt werden. Diese könnten selbstbestimmt und flexibel mit den Inhalten arbeiten und diese beliebig oft wiederholen. Solche verschmolzenen Lehr- und Lernformate sorgen dafür, dass Studierende eine aktivere Rolle einnehmen als bei konventionellen Formaten und intensiver an den Lehrveranstaltungen partizipieren. Diese neue Rolle stellt jedoch auch Studierende und Dozierende vor neue Herausforderungen. Denn letztere müssen stärker individuell unterrichten und ihre Zeitplanung auf 1:1 Betreuungsszenarien hin ausrichten, was neben Präsenzvorlesungen und digitalen Schulungsangeboten die Studierenden zeitlich belasten kann.
Die Digitalisierung des Lernens und die damit verbundenen Formate bringen die Notwendigkeit mit sich, ein grundsätzliches Verständnis von Digitalität zu entwickeln. Aufgabe der Lehrenden ist es, die Lehre so zu gestalten, dass es das aktive, selbstgesteuerte und soziale Lernen der Studierenden fördert und fordert. Das Lernen der Studierenden muss in den Mittelpunkt gestellt und möglichst alle Studierenden mitgenommen werden. Das heißt, jeweils kontextspezifisch notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Lehrenden kommt hier die Rolle eines Lernbegleiters im kollaborativen Lernprozess der Studierenden zuteil. In dieser Rolle müssen auch sie, als Fachexpertinnen und Fachexperten, stets lernen und sich weiterentwickeln. Dazu gehört auch, Lernen und Entwicklungsprozesse zu ermöglichen und den Rahmen für diesen Prozess zu gestalten. Zudem müssen Standards für die erwarteten Leistungen sowie für die Selbstverantwortung der Studierenden gesetzt und diese bei der Erreichung unterstützt werden. Lehrende benötigen entsprechende Weiterbildungen, um die Chancen und Herausforderungen zu kennen und zu reflektieren sowie die mannigfaltigen Möglichkeiten, die digitale Lehre bietet, ziel- und studierendenorientiert in die Lehre einzubinden.
Neben der Studierendenzentrierung ist auch die Adressierung von Zukunftskompetenzen zentral. Das bedeutet, dass neben den fachlichen und digitalen Kompetenzen auch sogenannte Soft Skills vermittelt werden müssen, die für die Zukunft relevant sind. Im Kern sind dies die “5 C’s” als Kompetenzen für das 21. Jahrhundert, nämlich Kommunikation (communication), Kollaboration (collaboration), Kreativität (creativity), kritisches Denken (critical thinking) sowie das informatische Denken (computational thinking). Trainiert werden können die Fähigkeiten etwa durch die Einbindung sozialen Lernens oder Communities of Practice mit problemorientierten Aufgaben in die Lehrveranstaltung.