Methoden und Inhalte des Corporate Learning unterliegen einem tiefgreifenden Wandel. Zwar waren vor zehn Jahren digitale Weiterbildungsmaßnahmen keine Seltenheit, so hat Corona dennoch die Welt des Corporate Learning auf den Kopf gestellt. Es passen sich nicht nur die Bildungsinhalte neuen technologischen Anforderungen an, sondern auch die Art des Lernens wandelt sich und setzt auf den Einsatz digitaler Technologien. Hinzu kommt eine steigende Akzeptanz für Weiterbildungsmaßnahmen insgesamt – ja, das Konzept des „lebenslangen Lernens“ hat es allmählich bis in die Chefetagen geschafft und Positionen wie dem „Chief Learning Officer“ kommt eine immer wichtigere Rolle zuteil. Schließlich ist die Beschäftigungsfähigkeit der Belegschaft entscheidend für die wirtschaftliche Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit des Unternehmens.
Der Trend zum E-Learning, Online-Kursen, digitalen Coachings oder Bootcamps ist klar zu erkennen. Tatsächlich sind digitale Medien mittlerweile bereits fester Bestandteil von formalen und non-formalen Bildungsaktivitäten.[1] Dabei ist E-Learning keine kurzfristige Randerscheinung und sollte auch nicht eindimensional gedacht werden. Vielmehr führt der niedrigschwellige Zugang zu E-Learning Angeboten zu mehr Bildungsgerechtigkeit – auch für Quereinsteigende und Menschen auf dem zweiten oder dritten Bildungsweg – und hilft, den digitalen Transformationsprozess als Gesellschaft zu meistern. Durch die räumliche und oft auch zeitliche Flexibilität erhalten auch Mitarbeitende, die zum Beispiel aufgrund von familiären Verpflichtungen eingeschränkt sind, Zugang zu hochqualitativen Lernangeboten. Hinzu kommt, dass E-Learning-Formate skalierbar und meist wirtschaftlicher sind. Auch mehrsprachige Angebote können auf digitalem Weg besser umgesetzt werden.
Studien[2] belegen, dass Unternehmen, die sich selbst als „Lernende Organisation“ verstehen, bei Bewerbenden hoch im Kurs stehen. Die persönliche Weiterentwicklung ist demnach oft wichtiger als der Firmenwagen oder sogar der jährliche Bonus. Angesichts immer kürzer werdender Betriebszugehörigkeiten junger Erwerbstätiger bieten umfassende Weiterbildungsangebote Personalabteilungen hohe Chancen, das eigene Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren. Gerade mittelständische Unternehmen in ländlichen Regionen, die den Fachkräftemangel im IT-Umfeld noch deutlicher spüren, dürfen den Aspekt des Employer Brandings nicht außer Acht lassen und können neben fachlichen Weiterbildungsmaßnahmen auch in Angebote für die private Karriereentwicklung (z. B. Zeitmanagement, Stressprävention, Working from Home) investieren.[3]
Die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie und die Akzeptanz für digitale und hybride Formate geben dem Thema E-Learning neue Zugkraft. Gleichzeitig sind mehr als die Hälfte (62 Prozent) der befragten Mitarbeitenden eher unzufrieden mit dem Angebot digitaler Lernformate (Kienbaum). Der Grund ist meist, dass es nicht reicht, bisherige analoge Formate einfach ins Digitale zu kopieren. Corporate Learning muss ganzheitlich gedacht und die Mehrwerte analoger und digitaler Formate genutzt werden. Analoge und digitale Formate ergänzen sich sehr gut, beispielsweise durch individuelles Lernen im eigenen Tempo mit einem Video und der daraus folgenden praktischen Anwendung im Job. Zudem sollte auch Wert daraufgelegt werden, dass das Lernangebot zum richtigen Zeitpunkt erfolgt, also dann, wenn das Wissen auch tatsächlich im Arbeitsalltag benötigt wird. Darüber hinaus ist ein nachhaltiger Transfer des Gelernten auf das reale Arbeitsumfeld von großer Bedeutung. Deswegen sollte E-Learning möglichst kontextspezifisch und realitätsbezogen konzipiert werden. In Folge dessen ist der Performance Support ein wichtiger Aspekt. Weiter sollten sich die angebotenen Corporate Learning Maßnahmen an der Unternehmensstrategie ausrichten, was aktuell in 40 Prozent der Unternehmen leider noch nicht der Fall ist.[4]
Auch die Weiterbildungsinhalte passen sich den Anforderungen der digitalen Transformation an. So drehen sich Weiterbildungen vermehrt um das Thema Digitalisierung, etwa Datenanalyse, Python Programmierung aber auch Basics wie Office365 und Excel stehen hoch im Kurs. Zudem zählen Themen wie die Motivation zum lebenslangen Lernen, Anpassungsfähigkeit sowie Problemlösungskompetenz zu den wichtigsten Zukunftskompetenzen. Dabei zeigt der Trend: Es wird in Zukunft nicht für jeden wichtig sein, programmieren zu können,[5] sondern eher sich agil durch die neue Arbeitswelt zu manövrieren – mit einer neuen Generation von “Soft Skills”.
Die Entwicklung der digitalen Kompetenz der Belegschaft ist längst zu einer zentralen Aufgabe geworden. Für die konkrete Ausgestaltung eines Weiterbildungskatalogs muss das strategische Ziel eines Unternehmens klar sein. Auf diesem Ziel aufbauend müssen passende Weiterbildungsangebote für die Mitarbeitenden geschaffen werden. Zu den Chancen digitaler Weiterbildungsangebote finden sich in Personalabteilungen jedoch divergierende Einstellungen. Das Interesse junger Erwerbstätiger an Perspektiven für die private Karriereentwicklung genauso wie der Wunsch nach mehr Flexibilität, schaffen allerdings immer mehr Einsicht für den Einsatz von E-Learning Formaten in Unternehmen. Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen kommen somit immer näher zusammen und schaffen Möglichkeiten, Erwerbstätige auch längerfristig an ein Unternehmen zu binden und zeitgleich international wettbewerbsfähig zu bleiben.
[1] Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2020 (bmbf.de)
[2] VdTU V_Bitkom_Weiterbildung_Studienbericht_181116_2_Web.pdf
[3] Weiterbildung für die digitale Arbeitswelt (bitkom.org)
[4] https://www.ey.com/de_de/workforce/besseres-corporate-learning-durch-die-krise
[5] Delcker, J., & Ifenthaler, D. (2017). Computational thinking as an interdisciplinary approach to computer science school curricula: A German perspective. In P. J. Rich & C. Hodges (Eds.), Emerging research, practice, and policy on computational thinking (pp. 49–62). Springer.