Berlin, 17. Dezember 2020 - Nur in den wenigsten Startups sind Mitarbeiter am Unternehmen beteiligt. Der Grund dafür sind vor allem steuerrechtliche Vorgaben, die Mitarbeiterbeteiligungen unattraktiv machen. So nutzen aktuell nur 4 von 10 Startups (40 Prozent) in irgendeiner Form Mitarbeiterbeteiligungsmodelle. Aber jeder zweite Gründer (50 Prozent) würde gerne Mitarbeiter beteiligen, tut dies jedoch wegen unattraktiver rechtlicher Bedingungen nicht. Und zwei Drittel (68 Prozent) fordern, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen dringend verbessert werden müssen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, für die 206 Startups befragt wurden. Eine derzeit geplante Gesetzesnovelle der Bundesregierung droht das Ziel zu verfehlen, Mitarbeiterbeteiligungen attraktiver zu machen. „Es ist ein erfreuliches Signal, dass die Bundesregierung die Mitarbeiterbeteiligung noch in dieser Legislaturperiode erleichtern will. Die geplante Änderung im Fondsstandortgesetz greift aber leider viel zu kurz und muss noch nachgebessert werden, wenn sie nicht wirkungslos bleiben soll.“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Eine wirklich breite Mitarbeiterbeteiligung könnte Startups gerade beim sich weiter verschärfenden Wettbewerb um die klügsten Köpfe helfen und Deutschland auch attraktiver für IT-Experten aus aller Welt machen.“
Derzeit liegt ein maßgebliches Problem darin, dass Mitarbeiter ihre Anteile bereits bei der vergünstigten Überlassung versteuern müssen. Damit wird die Steuerlast zu einem Zeitpunkt fällig, zu dem der Mitarbeiter die Anteile in aller Regel noch nicht veräußern kann. So fehlen aber auch die notwendigen Erlöse, um die Forderungen des Finanzamtes zu bedienen. Künftig soll diese sogenannte „dry income“-Problematik angegangen und die Besteuerung grundsätzlich erst beim Verkauf stattfinden. Allerdings muss eine Versteuerung auch künftig spätestens nach zehn Jahren oder beim Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Unternehmen stattfinden, was das „dry income“ letztlich nur verschieben würde. Berg: „Diese Sonderregelungen sind überflüssig und bürden den Mitarbeitern ein finanzielles Risiko auf. Besteuerung sollte grundsätzlich erst dann stattfinden, wenn beim Mitarbeiter auch ein Erlös entstanden ist.“
Zu kurz greift auch die Erhöhung des steuerlichen Freibetrags für Mitarbeiterbeteiligungen. Dieser wird zwar von 360 auf 720 Euro verdoppelt, ist damit aber immer noch viel zu niedrig. Nach Ansicht des Bitkom müsste er auf mindestens 5.000 Euro erhöht werden. Dazu kommt, dass der Freibetrag weiterhin nur gelten soll, wenn das Beteiligungsprogramm allen Mitarbeitern offensteht, die mindestens ein Jahr bei dem Unternehmen beschäftigt sind. „Die Neuregelung geht an der Realität in vielen Startups vorbei, die vor allem frühe Mitarbeiter und herausragende Positionen über Mitarbeiterbeteiligungen an sich binden wollen“, so Berg. Aktuell sind in jedem zehnten Startup (10 Prozent) ausschließlich die Führungskräfte mit Unternehmensbeteiligungen ausgestattet. In rund jedem Fünften (22 Prozent) sind es die Führungskräfte und einzelne ausgewählte Mitarbeiter. Die Beteiligung aller Mitarbeiter ist die große Ausnahme (8 Prozent). „In schnell und stark wachsenden Unternehmen eine Beteiligung aller Mitarbeiter über das Steuerrecht erzwingen zu wollen mag ja gut gemeint sein, wird aber in der Praxis dazu führen, dass der steuerliche Freibetrag für Mitarbeiterbeteiligungen in den meisten Startups nicht genutzt werden kann“, sagte Berg.
Die ausführliche Bitkom-Stellungnahme zum Fondsstandortgesetz steht zum Download bereit unter www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/Stellungnahme-zum-Entwurf-eines-Fondsstandortgesetzes.
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 206 IT- und Internet-Startups in Deutschland im Mai und Juni 2020 befragt. Die Fragestellungen lauteten: „Werden eure Mitarbeiter an eurem Startup beteiligt, z.B. in Form von Geschäftsanteilen?“ und „Wer ist in eurem Startup beteiligt?“.