Berlin, 19. März 2018 - Die große Mehrheit der Bevölkerung spricht sich für tiefgreifende Reformen des deutschen Bildungswesens aus. Drei von vier Bürgern (73 Prozent) sind der Ansicht, dass für Bildungspolitik ausschließlich der Bund statt der Bundesländer verantwortlich sein sollte. Acht von zehn (79 Prozent) halten es in einer vernetzten Welt für nicht mehr zeitgemäß, dass jedes Bundesland ein eigenes Bildungssystem hat. Und neun von zehn (90 Prozent) meinen, dass der Bund die Möglichkeit bekommen sollte, Schulen finanziell zu unterstützen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage unter 1.012 Personen in Deutschland ab 16 Jahren, die der Digitalverband Bitkom in Auftrag gegeben hatte. „Es ist niemandem zu erklären, weshalb ein Schüler in Bremen andere Fähigkeiten haben sollte als in Bayern. Aufgabe der Politik ist es, die Menschen mit jenem Rüstzeug auszustatten, das sie für die digitale Welt brauchen. Das Geld, die Zeit und die Energie, die wir in die Entwicklung 16 unterschiedlicher Schulpolitiken stecken, all das stecken wir besser in die Ausbildung der Lehrer und die Betreuung der Schüler. In unserem rohstoffarmen Land ist Know-how die wichtigste Ressource und Bildung das wichtigste Instrument“, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg am Montag auf einer Pressekonferenz anlässlich der in Berlin stattfindenden Bildungskonferenz des Digitalverbands.
Bürger wollen digitale Schulen
Der Studie zufolge sind die allermeisten Bürger der Meinung, dass digitale Medien und Inhalte in Schulen deutlich stärker zum Einsatz kommen sollten. Gut acht von zehn (84 Prozent) sagen, dass digitale Kompetenzen im Schulunterricht einen höheren Stellenwert genießen sollten. Genauso viele (84 Prozent) meinen, Schulen sollten die Fähigkeit vermitteln, sich sicher in sozialen Netzwerken und im Internet zu bewegen. Sieben von zehn (69 Prozent) denken, dass Informatik ab der 5. Klasse Pflichtfach werden sollte. Und sechs von zehn (61 Prozent) sind der Ansicht, dass Schulen Programmieren ebenso selbstverständlich vermitteln sollten wie Rechnen oder Schreiben. „Für Schüler sind digitale Medien längst Alltag, viele Schulen sind aber noch immer analoge Inseln. Kinder und Jugendliche müssen in der Schule Digitalkompetenz erwerben. Nicht jeder kann und muss später Programmierer werden, aber alle sollten wissen, wie digitale Technologien funktionieren, wie man sie einsetzt und gestaltet“, sagte Berg.
Mehr Lehrer und umfassendere Betreuung
Bei der Ausstattung der Schulen sehen ebenfalls viele Bürger großen Handlungsbedarf. Sieben von zehn (71 Prozent) fordern, dass in allen Klassen grundsätzlich zwei Lehrer zur Verfügung stehen sollten, etwa um Unterrichtsausfall zu verhindern. Zwei von drei (65 Prozent) stimmen der Aussage zu, dass in Deutschland alle Schulen zu Ganztagsschulen ausgebaut werden sollten. „Probleme wie Unterrichtsausfall und teilweise hohe Schulabbruchquoten haben gravierende volkswirtschaftliche Konsequenzen. Langfristiges Ziel muss die Verdoppelung der Lehrerstellen sein, um diesen Herausforderungen wirksam zu begegnen und eine bessere, individuelle Betreuung der Schüler zu ermöglichen“, sagte Berg.
Digitaler Unterricht ist anschaulicher, macht Spaß und führt zu mehr Lernerfolg
Digitale Medien und Inhalte verbinden die meisten Bürger mit anschaulichem Unterricht, mehr Spaß und größerem Lernerfolg. Drei von vier (77 Prozent) sagen, dass Schüler durch den Einsatz digitaler Technologien auf das Leben und Arbeiten in der digitalen Welt vorbereitet werden. Sieben von zehn (72 Prozent) sehen den Vorteil, dass Inhalte und Zusammenhänge durch den Einsatz digitaler Technologien anschaulicher dargestellt und vermittelt werden können. Zwei von drei (64 Prozent) meinen, Schüler haben beim Lernen mit digitalen Technologien mehr Spaß. Und vier von zehn (42 Prozent) sind überzeugt, dass es digitale Technologien dem Lehrer ermöglichen, individueller auf einzelne Schüler einzugehen.
Bitkom zeichnet weitere 16 Schulen als Smart Schools aus
Anlässlich der Bildungskonferenz hat Bitkom 16 Schulen aus dem ganzen Bundesgebiet als Smart Schools prämiert. Diese Schulen verbinden digitale Infrastruktur, digitale Lerninhalte und pädagogische Konzepte auf herausragende Weise miteinander. Die Entscheidung traf eine Jury aus Bildungsexperten anhand eines umfangreichen Kriterienkatalogs. Die neuen Smart Schools sind:
Baden-Württemberg:
Bayern:
Berlin:
Hessen:
Niedersachsen:
Nordrhein-Westfalen:
Rheinland-Pfalz:
Sachsen:
„Die ausgezeichneten Smart Schools demonstrieren, dass es in Deutschland eine Vielzahl an Schulen gibt, die sich mit tollen Ideen und Konzepten bereits auf den Weg in die digitale Zukunft gemacht haben. Daran können sich andere Schulen orientieren. Ziel ist, in den kommenden Jahren flächendeckend in ganz Deutschland Schülern die Möglichkeit zu geben, eine Smart School zu besuchen“, sagte Berg.
Um die Auszeichnung als Smart School hatten sich mehr als 60 Schulen aus zwölf Bundesländern beworben. Gefragt waren die besten Konzepte und Projekte zur Digitalisierung von Schule und Unterricht. Ausgezeichnete Schulen werden Teil des bundesweiten Smart-School-Netzwerks an nunmehr 21 Standorten und können auf die Unterstützung eines breiten Bündnisses aus namhaften Unternehmen wie Dell und Deutsche Telekom zurückgreifen. Bitkom hatte den Wettbewerb im Sommer 2017 anlässlich des Digital-Gipfels in der Rhein-Neckar-Region gestartet. Zugleich wurden damals die Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe (Baden-Württemberg), die Elisabethenschule in Frankfurt am Main (Hessen) und das Leininger-Gymnasium in Grünstadt (Rheinland-Pfalz) ausgezeichnet. Die bundesweit ersten Smart Schools waren mit der Bellevue-Gemeinschaftsschule und dem Gymnasium Wendalinum 2016 im Rahmen des Nationalen IT-Gipfels in Saarbrücken an den Start gegangen. In den kommenden Jahren sollen weitere Schulen ausgezeichnet werden. Zusätzliche Informationen zum Thema Smart School und zum Wettbewerb gibt es unter www.smart-school.de.
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat. Im Februar 2018 wurden dafür 1.012 Personen in Deutschland ab 16 Jahren befragt. Die Umfrage ist repräsentativ. Die Fragestellungen lauteten: „Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen zum Thema Bildung zu oder nicht zu?“ („stimme voll und ganz zu“, „stimme eher zu“, „stimme eher nicht zu“, „stimme überhaupt nicht zu“) und „Welche Vorteile sehen Sie durch den Einsatz digitaler Technologien und Medien wie beispielsweise Tablet-Computer oder E-Learning?“