Berlin, 17. November 2019 - In der Digitalklausur am 17. und 18. November auf Schloss Meseberg berät die Bundesregierung unter anderem über den Stand der Digitalisierung in Deutschland. Dazu erklärt Bitkom-Präsident Achim Berg:
„Im Koalitionsvertrag steht 297-mal das Wort ‚digital‘, dennoch fällt Deutschland im internationalen Digitalvergleich weiter zurück. Der Digitalindex der EU führt Deutschland aktuell nur noch auf Rang 12, zwei Plätze schlechter als 2015. Und im Kernbereich staatlichen Handelns, der Verwaltung, ist Deutschland gerade vier Plätze abgerutscht und steht jetzt auf Rang 24 innerhalb der EU. Die Richtung stimmt nicht. Dennoch werden in den zahlreichen neuen Digitalkommissionen der Bundesregierungen Empfehlungen erarbeitet, die geeignet sind, Deutschland von den internationalen Entwicklungen noch stärker zu entkoppeln und zum analogen Inselstaat zurückzubauen. Ein Paradebeispiel des Zauderns hat die Datenethikkommission mit ihrem 240-seitigen Bericht zur Algorithmenkontrolle geliefert. Statt immerzu Risiken herbeizureden, müssen die Chancen viel stärker erkannt und konsequent genutzt werden. Statt zu diskutieren, müssen wir endlich machen, und das schnell.
Deutschland ist die viertgrößte Volkswirtschaft und gilt nach wie vor als industrieller Motor Europas. Diese führende Rolle ist bedroht, denn ein digitaler Antreiber sind wir nicht. Beim E-Government ist Deutschland nicht einmal mehr europäisches Mittelmaß, sondern wurde nach hinten durchgereicht. Das Vorhaben, bis Ende 2022 alle 575 Verwaltungsdienstleistungen online zugänglich zu machen – Standard in vielen anderen Ländern – wird scheitern. Auch in der Wirtschaft fehlt es an Tempo. In den USA wird pro Einwohner heute bereits zweimal so viel in IT investiert wie in Deutschland und die Ausgaben wachsen obendrein doppelt so schnell – die Schere öffnet sich weiter und der digitale Rückstand wird größer. Nur jedes fünfte Unternehmen investiert aktuell in digitale Geschäftsmodelle, während mehr als jeder dritte Manager sagt, dafür keine Zeit zu haben.
Die Bundesregierung muss Digitalpolitik von Grund auf neu denken. Positive Ansätze erkennen wir in der Mobilfunkstrategie, dem Digitalpakt für Schulen und im entschiedenen Handeln des Bundesgesundheitsministeriums zur Digitalisierung der medizinischen Versorgung. Die gesamte Digitalpolitik braucht eine in sich konsistente Strategie, die sich auf unsere spezifischen Stärken fokussiert, wie die Automobilwirtschaft, vernetzte Industrieproduktion oder KI-Forschung, statt einer Ressourcenverteilung mit der Gießkanne. Vor allem brauchen wir ein neues Verständnis von Daten. Daten sind die Grundlage der Individualmedizin, einer intelligenten Verkehrssteuerung, bedarfsgerechter Bildungsangebote oder beispielsweise der Industrie 4.0. Wir müssen einen neuen Anlauf nehmen, um den Schutz persönlicher Daten und den Einsatz von Daten in eine funktionierende Balance zu bringen. Infrastrukturen sind das Fundament, Daten sind der Rohstoff und digitale kompetente Menschen sind die Treiber des digitalen Deutschland. Um sie müssen wir uns künftig viel stärker kümmern.“