

Forschung und Entwicklung, kurz FuE, ist die Triebfeder für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum sowie der Schlüssel zu technologischer Leistungsfähigkeit. Das ambitionierte Ziel der Politik, den Anteil der FuE-Aufwendungen bis 2025 auf 3,5 Prozent des BIP zu steigern, ist daher ausdrücklich zu begrüßen. Mit der Einführung der steuerlichen Forschungsförderung ist bereits ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan. Das in den letzten Jahren entwickelte forschungs- und innovationspolitische Förderinstrumentarium gilt es nun auf den Prüfstand zu stellen und an neue Herausforderungen anzupassen. Dabei muss auf eine angemessene Balance von themenoffener und themenzentrierter Förderung geachtet werden.
Wichtig ist, klare Forschungs- und Förderschwerpunkte für Schlüsseltechnologien zu definieren: Nano- und Mikroelektronik sowie Kommunikationssysteme und Netze sind die zentralen Infrastruktur- und Hardwaregrundlagen der Digitalisierung und müssen fit für die Zukunft gemacht werden. Gleichzeitig gilt es auch aufstrebende Technologien wie u. a. Künstliche Intelligenz, Blockchain, Quantentechnologien und digitale Industrieplattformen zu identifizieren und in der Projektförderung prioritär zu unterstützen. Um im globalen Wettbewerb in vergleichbarer Größenordnung aufgestellt zu sein, ist es unabdingbar, diese Themen in europäischer Arbeits-, Kosten- und Risiko-Teilung anzugehen. Die Förderung dieser Technologiefelder – sowohl Anwendungen und Software als auch Infrastrukturen und Hardware – muss durch eine moderne und wettbewerbsfördernde Industriepolitik flankiert werden. Dabei gilt: die besten Voraussetzungen für Innovation und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit schaffen offene und resiliente Systeme, fairer Wettbewerb und ein Level Playing Field.
Das 3,5-Prozent-Ziel gibt eine quantitative Orientierung und sollte weiterhin von Staat und Wirtschaft verfolgt werden. Aber: es darf nicht allein um die Zahl als solche gehen, sondern vor allem darum, die Mittel zielführend zu verwenden. Die Innovationsförderung und die Technologiepolitik sollten an einer strategischen Orientierung zu mehr Wachstum, Souveränität, Resilienz und Nachhaltigkeit durch Digitalisierung ausgerichtet werden. Der Anspruch sollte sein, dass Deutschland im europäischen Schulterschluss Schlüsseltechnologien, Geschäftsmodelle und Ökosysteme mitgestalten kann.
Mikro- und Nanoelektronik, Rechenzentren und Cloud-Infrastrukturen, Hochleistungsrechner und Quantencomputer sowie Kommunikationssysteme und Netze stellen die Infrastruktur- und Hardwaregrundlagen der digitalen Transformation dar. Kompetenzen und Kapazitäten in Forschung, Entwicklung und Herstellung dieser Komponenten sind Garanten für Wachstum und Souveränität. Darüber hinaus muss die Bundesregierung eine klarere Priorisierung für die Förderung von aufstrebenden Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz, Distributed Ledger Technologien, Cybersicherheit und digitale Industrieplattformen vornehmen. Angesichts der sich rapide verändernden Marktstrukturen sowie schnellen technologischen Entwicklungen in diesen Feldern gilt es diese Priorisierung sowie dessen gezielte Förderung und regulatorische Flankierung in enger Konsultation mit Wirtschaft und Wissenschaft auszuarbeiten. Klar ist: Durch die sehr hohen benötigten Investitionen sowie der erforderlichen Marktgrößen und Netzwerkeffekten sind rein nationale Lösungen nicht erfolgversprechend. Es gilt europäische Kooperationen weiter auszubauen und die Zusammenarbeit mit außereuropäischen Akteuren auf Basis eines Level Playing Fields fortzuführen.
Damit die Unternehmen ihre Forschungsaktivitäten am heimischen Standort ausbauen, benötigen sie international wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen. Neben dem Ausbau der gezielten Projektförderung von strategischen Verbundprojekten, die insbesondere durch große Unternehmen getrieben werden, ist auch die steuerliche Forschungsförderung eine Stellschraube mit großer Hebelwirkung. Das in Deutschland noch junge Instrument wurde im Zuge der Corona-Hilfsmaßnahmen bereits durch die Anhebung der Bemessungsgrundlage temporär erweitert. Um insbesondere innovative KMU in der Breite zu unterstützen, gilt es diese Stärkung zu verstetigen: In der nächsten Legislaturperiode sollte die Förderquote von 25Prozent auf 50 Prozent verdoppelt werden.
Im Digitalzeitalter ist Industriepolitik gleichbedeutend mit Innovations- und Digitalpolitik. Existierende Instrumente, wie etwa die wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI), müssen verstärkt für digitale Technologien erschlossen werden. Durch die kurzen Innovationszyklen gilt es darüber hinaus diese Instrumente sachgerecht weiterzuentwickeln und inhaltlich den besonderen Bedingungen der digitalen Wirtschaft anzupassen – das heißt vor allem, die Bewilligungsverfahren in den IPCEIs zu beschleunigen. Zudem ist der Blick nach vorne zu richten: Bereits etablierte Technologien reaktiv zu kopieren, wird nicht verfangen. Vielmehr müssen wir die Fähigkeit stärken, potenzielle Sprunginnovationen frühzeitig zu erkennen, sie mit geeigneten Förderinstrumenten zur Marktreife zu bringen und am Weltmarkt zu etablieren.
Um den Transfer wissenschaftlicher Ergebnisse in marktfähige Produkte zu erleichtern sollte die Innovationsförderungs- und Technologiepolitik nicht nur die FuE, sondern das gesamte Spektrum der Forschungs- und Innovationsaktivitäten abdecken. Um die Umsetzung neuer Technologien zu beschleunigen sollten Reallabore bewusst auch für Digitalprojekte genutzt werden. Dabei sollten die konkreten Ausgestaltungen der Förderbedingungen der Reallabore auf Basis der Erfahrungen mit den ersten Projekten gezielt angepasst werden. Insbesondere ist auch der Aufbau europäischer Reallabore, wie es unter der deutschen Ratspräsidentschaft vorgesehen wurde, weiterzuverfolgen.