Berlin, 21. April 2021 - Künstliche Intelligenz gilt in der deutschen Wirtschaft als entscheidende Zukunftstechnologie und immer mehr Unternehmen sehen in KI eine Chance für das eigene Geschäft. Entsprechend steigt der Anteil derjenigen, die KI-Anwendungen einsetzen, jedes vierte Unternehmen (24 Prozent) plant KI-Investitionen. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von mehr als 600 Unternehmen aller Branchen im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, die heute vorgestellt wurde. Demnach sagen mehr als zwei Drittel (69 Prozent), dass KI die wichtigste Zukunftstechnologie ist. Lediglich rund jedes vierte Unternehmen (26 Prozent) glaubt dagegen, dass KI überschätzt wird und nur ein Hype ist. Immer mehr Unternehmen sehen zudem für sich selbst Vorteile in KI. Für 62 Prozent bietet Künstliche Intelligenz Chancen für das eigene Geschäft, vor einem Jahr waren es erst 55 Prozent. Der Anteil derjenigen, die vor allem Risiken sehen, ist von 28 auf 23 Prozent zurückgegangen. Jedes neunte Unternehmen (11 Prozent, 2020: 14 Prozent) glaubt, dass KI keinen Einfluss auf das eigene Geschäft hat. Allerdings steigt die Zahl der Unternehmen, die KI einsetzen, nicht im gleichen Tempo. Aktuell werden KI-Anwendungen in 8 Prozent der Unternehmen genutzt, vor einem Jahr waren es 6 Prozent. Stärker gestiegen ist der Anteil der Unternehmen, die den Einsatz planen oder diskutieren, von 22 auf 30 Prozent. Auch der Anteil der Unternehmen, in denen KI kein Thema ist, ist gesunken – von 71 Prozent im Jahr 2020 auf jetzt 59 Prozent. „Vom autonomen Fahren bis zur medizinischen Diagnose, von der Unterstützung bei Kundenanfragen bis zur Qualitätskontrolle in der Produktion: Die Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz ziehen sich durch alle Branchen. Dass die KI-Nutzung in der deutschen Wirtschaft zunehmend als ein Muss und zugleich als Chance gesehen wird, ist ein gutes Zeichen. Jetzt muss es darum gehen, KI mit noch mehr Schwung in die unternehmerische Praxis zu bringen“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Wer erkannt hat, wie wichtig Künstliche Intelligenz schon heute ist und insbesondere künftig sein wird, sollte jetzt investieren.“
Unternehmen, die sich aktuell nicht mit Künstlicher Intelligenz beschäftigen, nennen dafür als wichtigste Gründe fehlendes Personal (49 Prozent), fehlende Zeit (47 Prozent) und fehlende finanzielle Mittel (46 Prozent). 4 von 10 Unternehmen (44 Prozent) wollen zunächst einmal abwarten, wo sich in anderen Unternehmen der KI-Einsatz als sinnvoll erweist. 40 Prozent verfügen nicht über die notwendigen Daten für den Einsatz von KI, 38 Prozent fühlen sich verunsichert durch rechtliche Unklarheiten. Nur selten scheitert der Einsatz an fehlenden Use Cases im eigenen Unternehmen (17 Prozent) und geeigneten KI-Tools (13 Prozent) oder weil sich die Unternehmen gerade mit anderen Zukunftstechnologien beschäftigen (4 Prozent). „Keine Leute, kein Geld, keine Zeit – das dürfen keine Gründe gegen KI sein. Die zukunftsgerichtete Allokation von Ressourcen ist oberste Managementaufgabe. Künstliche Intelligenz muss in jedem Unternehmen auf die Agenda“, so Berg.
Grundsätzlich sehen die Unternehmen eine breite Palette von Vorteilen von KI, etwa durch die Optimierung von Prozessen. So erwarten 44 Prozent schnellere und präzisere Problemanalysen durch KI, 35 Prozent beschleunigte Prozesse und 30 Prozent einen geringeren Ressourcenverbrauch, wovon auch die Umwelt profitieren würde. Auch mit Blick auf die Beschäftigten bietet KI viele Vorteile. 39 Prozent rechnen mit der Vermeidung menschlicher Fehler im Arbeitsalltag, 31 Prozent erhoffen sich durch KI-Systeme Expertenwissen, das sonst nicht vorhanden wäre und 28 Prozent gehen davon aus, dass sich Mitarbeiter dank KI-Unterstützung auf wichtigere Aufgaben konzentrieren können. Und schließlich wird KI auch vielfach das Geschäftsmodell verändern. 21 Prozent erwarten die Verbesserung von bestehenden Produkten und Dienstleistungen, 17 Prozent rechnen sogar mit völlig neuen Angeboten dank KI. Auf diesem Weg Kosten sparen will hingegen nur jedes zehnte Unternehmen (10 Prozent). „Es gibt nicht den einen Grund, Künstliche Intelligenz im Unternehmen zu nutzen. KI ist eine Basistechnologie, die eine Vielzahl neuer Möglichkeiten eröffnet“, so Berg.
Am häufigsten verwenden jene Unternehmen, die bereits KI nutzen, die entsprechenden Technologien für personalisierte Werbung (71 Prozent). 64 Prozent nutzen KI zur Verbesserung interner Abläufe in der Produktion und Instandhaltung, 63 Prozent im Kundendienst, etwa bei der automatisierten Beantwortung von Anfragen. Rund jedes zweite Unternehmen setzt KI bei der Analyse des Kundenverhaltens im Vertrieb (53 Prozent) oder bereichsübergreifend bei Texten wie Berichten oder Übersetzungen (50 Prozent) ein. In der Buchhaltung nutzen 44 Prozent KI, etwa für automatisierte Buchungen, 43 Prozent setzen auf KI zur Managementunterstützung, etwa bei der Entwicklung von Strategien. KI-basierte Tools haben 39 Prozent in ihrer IT-Abteilung eingeführt, 35 Prozent in der Logistik, etwa für bessere Routenplanungen. Seltener wird KI bei Forschung und Entwicklung (25 Prozent) oder in der Personalabteilung (21 Prozent) etwa zur Vorauswahl von Bewerbern eingesetzt. 18 Prozent nutzen KI um Risiken im Unternehmen aufzudecken, etwa im Controlling. So gut wie niemand (1 Prozent) hat KI-Anwendungen in der Rechts- und Steuerabteilung im Einsatz.
Zurückhaltend sind die Unternehmen mit Investitionen in Künstliche Intelligenz im laufenden Jahr. Gerade einmal 8 Prozent aller Unternehmen wollen 2021 in KI investieren, 16 Prozent haben sich das für 2022 oder die Folgejahre vorgenommen. 16 Prozent haben bereits in der Vergangenheit in KI-Technologie investiert. Aber mehr als die Hälfte (57 Prozent) hat noch kein Geld für KI ausgegeben – und hat das auch in Zukunft nicht vor. Kleine Unternehmen sind dabei deutlich zurückhaltender als große. So wollen 2021 nur 6 Prozent der Unternehmen mit 20 bis 99 Beschäftigten in KI investieren, bei den Unternehmen mit 100 bis 499 Beschäftigten sind es 15 Prozent und bei Großunternehmen ist es mehr als jedes fünfte (23 Prozent bei Unternehmen mit 500 bis 1.999 Beschäftigen, 21 Prozent ab 2.000 Beschäftigten). Zugleich haben erst 14 Prozent der kleineren Unternehmen in der Vergangenheit in KI investiert, bei jenen mit 100 bis 499 Beschäftigten sind es 23 Prozent, bei größeren Unternehmen von 500 bis 1.999 Beschäftigten 33 Prozent und sogar 41 Prozent bei Unternehmen mit 2.000 oder mehr Beschäftigten. „Die Corona-Pandemie trägt sicherlich zur aktuellen Investitionszurückhaltung in KI bei. Gleichzeitig erleben wir alle, dass Unternehmen, die in der Vergangenheit bereits in ihre Digitalisierung investiert haben, besser durch die aktuelle Krise kommen. Das sollte als Auftrag an alle verstanden werden, die derzeit bei KI noch zurückhaltend sind“, sagte Berg.
In zwei Drittel (67 Prozent) der Unternehmen, die bereits KI nutzen, den Einsatz planen oder zumindest darüber diskutieren, treibt die IT-Abteilung den KI-Einsatz voran. In jedem Fünften (20 Prozent) sind es eigenständige KI-Teams oder eine KI-Abteilung, in 15 Prozent engagierte Einzelpersonen, in 14 Prozent interdisziplinäre Projektteams und in 13 Prozent die Geschäftsführung bzw. der Vorstand. Nur in 1 Prozent ist ein Chief Digital Officer (CDO) federführend bei KI-Themen. Dabei unterscheidet sich das Bild deutlich nach Unternehmensgröße. In kleinen Unternehmen bis 99 Beschäftigten dominiert die IT-Abteilung als KI-Treiber mit 71 Prozent, während es bei Unternehmen mit 500 bis 1.999 Beschäftigten nur 44 Prozent und in Großunternehmen ab 2.000 Mitarbeitern sogar nur 24 Prozent sind. Umgekehrt sind eigenständige KI-Teams nur in 15 Prozent der kleinen Unternehmen aktiv, aber in 40 Prozent der Unternehmen mit 500 bis 1.999 Beschäftigten und sogar in zwei Drittel (65 Prozent) der Großunternehmen ab 2.000 Beschäftigten.
Nur 3 Prozent der Unternehmen, die bereits KI nutzen oder den Einsatz planen oder diskutieren, entwickeln und programmieren eigenständig und ohne Unterstützung KI-Lösungen. Rund jedes Zweite (48 Prozent) setzt dazu auf externe Partner, die fast ausschließlich aus Deutschland (71 Prozent) und den USA (29 Prozent) kommen. 6 von 10 Unternehmen (57 Prozent) kaufen oder mieten KI-Anwendungen von externen Anbietern, die vor allem aus Deutschland (46 Prozent) und den USA (38 Prozent) stammen. Und 12 Prozent der Unternehmen geben an, frei verfügbare KI-Anwendungen einzusetzen, etwa aus dem Open-Source-Bereich. In rund jedem dritten Fall (31 Prozent) kommt die Lösung aus Deutschland in jedem vierten (25 Prozent) aus den USA. „Auch wenn die Entwicklung der Technologien für KI stark in den USA und China vorangetrieben wird: Deutsche Anbieter spielen auf dem Markt für KI-Anwendungen eine bedeutende Rolle“, so Berg.
Aktuell sagt jedes zehnte Unternehmen (10 Prozent), Deutschland ist beim Thema Künstliche Intelligenz im Vergleich der Nationen führend. Damit liegt Deutschland knapp vor China (9 Prozent), aber deutlich hinter den USA (39 Prozent). Im Jahr 2030 sehen 49 Prozent die USA vorne, 20 Prozent China und nur noch 8 Prozent Deutschland. „Wirtschaft und Politik müssen sich gemeinsam anstrengen, damit wir bei Künstlicher Intelligenz die derzeit gute Position halten und ausbauen“, sagte Berg. „Der Einsatz Künstlicher Intelligenz wird auch Kernindustrien verändern, in denen Deutschland heute noch eine weltweite Spitzenposition hat, etwa im Automobil- und Maschinenbau. Wenn wir die Säulen der deutschen Industrie stärken wollen, müssen wir auch die KI stärken.“
Mit Blick auf den für heute erwarteten Legislativvorschlag der EU-Kommission für Künstliche Intelligenz mahnte Berg, die geplante Prüfung und Zertifizierung von KI auf den Einsatz in echten Hochrisikoanwendungen zu konzentrieren. „Wir brauchen in Deutschland und Europa sichere und vertrauenswürdige KI – wir dürfen aber nicht alle und alles über einen Kamm scheren. Bei jeder neuen Regulierung müssen wir deshalb darauf achten, dass sie zum einen zu bestehenden Regelungen passt, zum anderen aber auch der den Unternehmen entstehende Aufwand verhältnismäßig bleibt und sie nicht notwendige Innovationen verhindert“, so Berg. „Wichtig ist, dass die Politik schnell Klarheit und Rechtssicherheit für die Unternehmen schafft. Unsicherheit und langwierige Abstimmungsprozesse würden dringend notwendige Investitionen verzögern oder verhindern.“
Nur noch rund jedes vierte Unternehmen (28 Prozent) ist der Meinung, dass die KI-Strategie der Bundesregierung ausreicht, um Wirtschaft und Gesellschaft auf KI vorzubereiten. Vor einem Jahr gab es mit 38 Prozent noch messbar mehr Unterstützung für die KI-Politik der Bundesregierung. Zugleich glauben nur noch 33 Prozent (2020: 39 Prozent), dass Deutschland bei der KI-Forschung zur Weltspitze gehört. Und drei Viertel (74 Prozent) fordern, dass mehr KI-Expertinnen und KI-Experten an den Hochschulen ausgebildet werden sollten (2020: 69 Prozent).
Damit der KI-Einsatz im eigenen Unternehmen vorangebracht werden kann, wünschen sich drei Viertel (77 Prozent) mehr finanzielle Förderung von KI-Projekten. Aber neben Geld spielen vor allem Knowhow und Informationen eine bedeutende Rolle. 60 Prozent wünschen sich einen intensiveren Austausch mit Unternehmen, die bei KI bereits weiter sind, 54 Prozent fordern Hilfe bei der rechtlichen und ethischen Beurteilung des KI-Einsatzes und 48 Prozent brauchen Informationen über marktfähige KI-Lösungen. Jeweils 4 von 10 Unternehmen würden von externen Bewertungen oder Labeln für KI-Anwendungen (44 Prozent) und der Verfügbarkeit von KI-Expertinnen und -Experten auf dem Arbeitsmarkt (43 Prozent) profitieren. Jedes dritte Unternehmen (34 Prozent) fordert den Ausbau der KI-Forschungsaktivitäten, etwa an Hochschulen, und jedes vierte (27 Prozent) einen besseren Austausch mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) geht davon aus, dass Roadshows und Konferenzen zu konkreten KI-Anwendungen den Einsatz voranbringen könnten.
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 603 Unternehmen ab 20 Mitarbeitern in Deutschland von Februar bis Ende März 2021 telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ.