Berlin, 15. Juli 2021 - Die digitale Wirtschaft in Deutschland legt nach dem Corona-Schock ein starkes Wachstum hin und das Geschäftsklima ist besser denn je. Für 2021 erwartet der Digitalverband Bitkom für die Unternehmen der IT, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik ein Umsatzplus von 4 Prozent auf 178,2 Milliarden Euro. Das berichtet Bitkom auf Basis aktueller Berechnungen. Im Juni 2021 beurteilten die ITK-Unternehmen ihre Geschäftslage insgesamt als sehr gut, wie Erhebungen von Bitkom und ifo Institut weiterhin zeigen. Der Bitkom-ifo-Digitalindex stieg um 5,9 Zähler und erreicht mit 40,5 Punkten ein Allzeit-Hoch. Die Bitkom-Branche entwickelt sich damit deutlich dynamischer als die Gesamtwirtschaft, die laut ifo im Juni um 5,6 Zähler auf 22,5 Punkte zulegte. „Das Wachstum im Kern der digitalen Wirtschaft ist so stark wie seit 20 Jahren nicht mehr und die Umsätze liegen deutlich über dem Vorkrisenniveau“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg mit Blick auf die aktuelle Entwicklung. Besonders erfreulich sei die positive Entwicklung im Arbeitsmarkt. Berg: „In diesem Jahr wird die Bitkom-Branche in Deutschland voraussichtlich wieder über 40.000 zusätzliche Jobs schaffen und damit 1,27 Millionen Menschen in Deutschland beschäftigen.“
Auch im kommenden Jahr stehen die Zeichen auf Wachstum: 2022 legt der Markt laut Prognose um voraussichtlich 3,4 Prozent auf 184,3 Milliarden Euro zu. Die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche könnte zugleich erstmals auf über 1,3 Millionen ansteigen. „Neben den Rekordwerten gibt es aber auch Unsicherheiten“, kommentiert Berg. „Das Auftreten neuer Corona-Varianten, eine mögliche vierte Welle, der ungewisse Ausgang der Bundestagswahl im Herbst und auch der anhaltende Mangel an Halbleitern machen die aktuelle Lage fragil und es bleibt konjunkturell spannend.“
Gefragt danach, wie lange sie noch mit Einschränkungen des öffentlichen Lebens im Zuge der Corona-Pandemie rechnen, geben die Digitalunternehmen ebenso wie die Unternehmen der Gesamtwirtschaft übereinstimmend einen Zeitraum von rund sechs Monaten an. Deutliche Unterschiede gibt es aber bei Umfang und Ausgestaltung von Beschäftigung: Während in der Gesamtwirtschaft noch im Juni fast jedes vierte Unternehmen (22 Prozent) angibt, Kurzarbeit zu haben, sagt dies nicht einmal jedes zehnte Digitalunternehmen (9 Prozent). Beim Thema Homeoffice ist die ITK-Branche Vorreiter: Fast zwei Drittel der Beschäftigten (61 Prozent) arbeiten derzeit noch ganz oder teilweise im Homeoffice – in der Gesamtwirtschaft sind es mit 28 Prozent nicht einmal halb so viele. Seit dem 1. Juli ist die bis dahin geltende Homeoffice-Pflicht ausgelaufen, obwohl 62 Prozent der Berufstätigen laut einer Bitkom-Umfrage vom Mai 2021 eine strikte Homeoffice-Pflicht so lange befürworten, bis die Pandemie vorüber ist. Die Hälfte (51 Prozent) möchte auch nach der Pandemie gern ganz oder teilweise im Homeoffice arbeiten. „Die Corona-Krise hat gezeigt, dass flexibles Arbeiten die Qualität der Arbeitsergebnisse nicht schmälert – im Gegenteil. Unabhängig von Zeit und Ort zu arbeiten, kann allen Seiten Vorteile bringen“, so Berg. „Ein Großteil der Digitalunternehmen hat diese Vorteile erkannt und nutzt sie auch ohne gesetzliche Vorgaben.“
Mobile Arbeit und Homeoffice haben dafür gesorgt, dass das Segment der Informationstechnik 2021 stärker an Gewicht gewinnt: Die Umsätze steigen nach Bitkom-Berechnungen im Juni 2021 um 6,6 Prozent auf 101,8 Milliarden Euro. Am stärksten ist das Wachstum bei der IT-Hardware – also insbesondere Computer, Server und Peripheriegeräte - mit einem kräftigen Plus von 10,9 Prozent auf 33,2 Milliarden Euro. Die Umsätze mit Infrastructure-as-a-Service (IaaS), also dem Geschäft mit gemieteten Servern, Netzwerk- und Speicherkapazitäten, steigen um 29,8 Prozent, mit Tablets um 19 Prozent und mit mobilen PCs um 18 Prozent. Rückläufig ist allein das Geschäft mit stationären Desktop-PCs (minus 5,0 Prozent). Auch die Software legt zu: Um 6,0 Prozent auf 27,5 Milliarden Euro Umsatz. Das Geschäft mit IT-Services, wozu unter anderem die IT-Beratung gehört, wächst mit 3,7 Prozent deutlich an und steigt auf 41,1 Milliarden Euro.
Der Markt für Telekommunikation verzeichnet in diesem Jahr voraussichtlich ein leichtes Wachstum. 2021 soll das Segment nach zwei Jahren relativer Konsolidierung um 1,3 Prozent auf 67,5 Milliarden Euro zulegen. Mit Telekommunikationsdiensten werden nach Bitkom-Berechnungen 49,1 Milliarden Euro umgesetzt, das entspricht einem Plus von 1,4 Prozent. Das Geschäft mit Endgeräten verharrt bei 11,5 Milliarden Euro (plus 0,2 Prozent), die Investitionen in die Telekommunikations-Infrastruktur steigen demgegenüber jedoch messbar: um 2,3 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro. „Die Netzbetreiber investieren weiter massiv in den Ausbau von Glasfaser und neuen 5G-Netzen“, so Bitkom-Präsident Berg. „95 Prozent aller Haushalte haben inzwischen Zugang zu Breitband mit mindestens 50 Mbit pro Sekunde. In den letzten Monaten wurden Tag für Tag Tausende Haushalte zusätzlich mit Gigabit-Leitungen versorgt.“
Die Unterhaltungselektronik pendelt seit einigen Jahren zwischen Umsatzzuwächsen und -verlusten. Während 2020 noch ein Plus von 6,3 Prozent auf 9,3 Milliarden Euro verzeichnet werden konnte, geht die Prognose für 2021 von einem Minus von 4,0 Prozent sowie einem Umsatzvolumen von 9,0 Milliarden Euro aus. „Der Markt für Unterhaltungselektronik steht derzeit unter Druck. Während des Lockdowns habe die Menschen ihre Häuser und Wohnungen technisch aufgerüstet, jetzt fließt das Geld wieder in Dinge wie Reisen und Restaurants“, so Berg.
Von der kommenden Bundesregierung erhofft sich Bitkom einen starken Fokus auf digitalpolitische Themen. „Die künftige Bundesregierung muss den von Corona ausgelösten Digitalisierungsschub mindestens erhalten, möglichst verstärken“, fordert Bitkom-Präsident Achim Berg. „Das heißt: Sie muss die digitale Souveränität in den entscheidenden Technologiefeldern auf ein neues Niveau heben, die digitale Teilhabe in der Gesellschaft stark verbessern, durch Digitalisierung nachhaltiger und möglichst klimaneutral wirtschaften und die Widerstandskraft von Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft gegenüber künftigen Krisen deutlich stärken.“ Dafür müsse der deutsche Staat insgesamt agiler werden. „Herausragende Bedeutung hat auch ein Digitalministerium, das bei digitalpolitischen Themen die Federführung übernimmt“, so Berg. Um die Digitalisierung in Deutschland voranzutreiben, fordert Bitkom eine neue digitalpolitische Agenda mit den Schwerpunkten digitale Teilhabe, digitale Souveränität, digitale Nachhaltigkeit und digitale Resilienz. Berg: „Wir müssen die richtigen Schwerpunkte setzen und schnell sein – dann können wir die kommenden Jahre zu Deutschlands digitaler Dekade machen.“
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben zur Marktentwicklung sind Daten der Bitkom Research in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut IDC. Der Bitkom-ifo-Digitalindex basiert auf der monatlichen ifo Konjunkturumfrage und bildet sich aus dem geometrischen Mittel der Werte für die Geschäftslage und die Geschäftserwartungen. Berücksichtigt werden Daten der Digitalbranche, die sich aus Unternehmen der Sektoren Verarbeitendes Gewerbe, Handel und Dienstleistungssektor zusammensetzt. Dazu zählen Hersteller von IT und Kommunikationstechnik, Unterhaltungselektronik, Anbieter von Software und IT-Dienstleistungen, Telekommunikationsdiensten sowie der Groß- und Einzelhandel mit ITK. Gewichtet wird nach Anzahl der Beschäftigten. Der Digitalindex und die weiteren Zeitreihen werden als saisonbereinigte Salden dargestellt.